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Fledermäuse lieben Bamberg

Von 25 bayerischen Arten kommen 18 im Bamberger Stadtgebiet vor

Man begegnet ihnen kaum, aber sie sind da: Lautlos jagen sie durch die Nacht, und nur wenn man Glück hat, sieht man sie vielleicht an einem Sommerabend um Straßenlampen flattern. Ihre Heimlichkeit hat sie zu Symboltieren für das Unheimliche gemacht: Fledermäuse. Eine aktuelle Kartierung im Auftrag des Umweltamtes hat jetzt gezeigt, dass sie in Bamberg ganz und gar nicht so selten sind, wie es den Anschein hat. Das Welterbe am Fluss übt offenbar vielmehr eine magische Anziehungskraft auf Fledermäuse aus. Von den in Bayern lebenden 25 Arten wurden im Stadtgebiet im vergangenen Sommer rekordverdächtige 18 nachgewiesen! Damit dürfte Bamberg eine Spitzenposition in Bayern einnehmen, wie Dr. Jürgen Gerdes, Biologe und Naturschutzbeauftragter im Umweltamt, feststellte.

Möglich war diese außergewöhnliche Ausbeute durch eine neue Technik. Christian Strätz, beauftragter Ökologe aus Bayreuth, setzte erstmals einen sogenannten „batcorder“ ein, den er für Test- und Forschungszwecke im Sommer 2008 in ganz Oberfranken verwendet hat. Das Aufzeichnungsgerät deckt das das gesamte Frequenzspektrum der Fledermäuse im Ultraschallbereich gleichzeitig ab und zeichnet erfasste Rufe automatisch auf.

Diese Aufzeichnungen lassen sich dann mit speziellen Computerprogrammen analysieren und archivieren. Das von einer Gruppe Erlanger Fledermausforscher entwickelte Gerät kann sogar artfremde, störende Ultraschall-Laute wie etwa die von Heuschrecken oder Kleinsäugern (Mäuse, Spitzmäuse) ausfiltern. Aber trotz Einsatz des High-tech-Gerätes erforderte die Kartierung der Fledermäuse viele Nachtschichten. Denn neben dem batcorder setzt man auch die klassischen Detektoren ein, die nicht hörbare Ultraschallrufe in Laute umwandelt, die das menschliche Ohr wahrnehmen kann. Diese Geräte kann man anders als den batcorder nicht einfach irgendwo aufstellen. Man muss mit ihnen durch die nächtliche Landschaft wandern, während man am Frequenzknopf dreht und die eingefangenen Rufe zu deuten versucht. Zusätzlich helfen ein Nachtsichtgerät und extrastarke LED-Strahler weiter. Ergänzt wurden die Freilandarbeiten durch Quartiersuche in den Stollenanlagen des Berggebietes und durch Kontrollen der im und um den Hain aufgehängten speziellen Nistkästen.

Mainauen und Hain besonders artenreich

Besonders attraktiv für die Nachtjäger sind in Bamberg die Mainauen zwischen Bischberg und Hallstadt (14 Arten) und der Hain (13 Arten). Aber auch an der Regnitz inmitten der Stadt (11 Arten) und am Flugplatz Breitenau (7 Arten), wo eine Verbindung zum Stocksee und den Weihern am Schloss Seehof besteht, fühlen sie sich wohl. Weitere beliebte Lebensräume sind der Michaelsberger Wald (5 Arten), das Berggebiet (10 Arten) und der Bruderwald (8 Arten). Überall dort, wo Gewässer und Wälder benachbart sind, finden sich mit ziemlicher Sicherheit viele Fledermausarten, da dort den anspruchsvollen Tieren sowohl Hangplätze, etwa Höhlen in Altbäumen, als auch Jagdreviere zur Verfügung stehen.

Die Kartierung 2008 war nicht die erste. Bereits bei der Biotopkartierung 1990 wurden die Fledermäuse im Bamberger Stadtgebiet erstmals systematisch erfasst. Damals fanden Biologen 12 Arten, wobei für elf Arten Lebendnachweise gelangen. Eine weitere Art, die Kleine Hufeisennase, war lediglich aus früheren Bearbeitungen der 50er-Jahre bekannt und wurde 1990 als verschollen betrachtet. Sie fehlt nach wie vor im Stadtgebiet.

Bei der aktuellen Kartierung gelang erstmals der Nachweis folgender sechs Arten: Brandtfledermaus, Breitflügelfledermaus, Mopsfledermaus, Mückenfledermaus, Nordfledermaus und Zweifarbfledermaus. Wer sich die Tierchen mit den teilweise skurrilen Namen aus der Nähe anschaut, erkennt, dass es sich keineswegs um Monster, sondern um sehr possierliche Wesen handelt. Weder, dass sie sich in Haare verfliegen noch dass sie Blut saugen würden, ist wahr. Unsere heimischen Fledermäuse haben ein geniales akustisches Orientierungssystem und sie ernähren sich hauptsächlich von Insekten.

Ihre starke Präsenz im Welterbe ist ein Hinweis darauf, dass es hier noch intakte naturnahe Lebensräume gibt, die Fledermäuse für die Aufzucht ihres Nachwuchses und die nächtliche Jagd zwingend benötigen. Besondere Bedeutung kommt hierbei den Höhlenbäumen zu, die als Quartiere unbedingt erhalten werden müssen. Störungen in Wochenstubenquartieren (Ende Mai bis Anfang August) können für die lokale Population einer seltenen Art im schlimmsten Fall den Ausfall einer ganzen Fortpflanzungsperiode bedeuten. Fledermäuse sind im Vergleich zu Mäusen und Spitzmäusen sehr langlebig und können in Einzelfällen mehrere Jahrzehnte alt werden. Die Weibchen der meisten Arten bringen jährlich nur ein Junges zur Welt, einige Arten wie der Abendsegler oder die Rauhautfledermaus auch Zwillinge.

Alle Arten streng geschützt

„Fledermausbiotope sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten besonders geschützt und gepflegt worden“, betont Dr. Gerdes vom Umweltamt. Schon die Kartierung aus den 90-er Jahren habe gezeigt, dass der Hain und die Mainauen eine besondere Bedeutung für die Fledermausfauna besitzen. Beide Areale seien inzwischen als Europäische Schutzgebiete ausgewiesen und Teil des kontinentalen Biotopnetzes Natura 2000. Da alle Fledermausarten nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt sind, ist es mittlerweile auch Standard, bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die Fledermäuse und ihre Sommer- und Winterquartiere besonders zu berücksichtigen. Das sei zuletzt bei den Vorplanungen zur Landesgartenschau auf dem ERBA Gelände geschehen, wo man Gebäude und Baumhöhlen inspizierte, um auf vorhandene Bestände Rücksicht nehmen zu können.

Fördern könne man Fledermäuse, so Christian Strätz, indem man die Eingriffszeiten verträglich festlege und neue Strukturen schaffe, etwa mit speziellen Einflugöffnungen versehene Dachstühle, aber auch durch das Aufhängen spezieller Fledermausnistkästen an Bäumen oder Gebäuden. Auch die Anlage eines neuen Baches, wie er auf dem Landesgartenschaugelände durch das Wasserwirtschaftsamt hergestellt wurde, komme mit seinen Uferpflanzen und seinem Insektenreichtum den Fledermäusen zugute. Dass die Kartierung kein Selbstzweck sei, versichert Dr. Gerdes. Die neuen Erkenntnisse zu Fledermausvorkommen in Bamberg werde das Umweltamt in alle Planungen und Projekte einbringen und engagiert dafür sorgen, dass sich diese faszinierende und auch sehr nützliche Tiergruppe weiterhin in Bamberg wohlfühlt. Immerhin gelte es, eine bayerische Spitzenposition zu verteidigen oder gar auszubauen: „Vielleicht gelingt ja demnächst ein Wiederfund der verschollenen Kleinen Hufeisennase in einem der vielen großen Dachstühle des Berggebietes“, hofft der Biologe. Quartiere dieser Art waren in den 50er Jahren im Dom und St. Michael bekannt.

Neulinge im Stadtgebiet

  • Brandtfledermaus

  • Breitflügelfledermaus

  • Mopsfledermaus

  • Mückenfledermaus

  • Nordfledermaus

Bildnachweis: Koordinationsstelle für Fledermausschutz Südbayern