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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2012/0077-20

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Beratungsfolge

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I.              Sitzungsvortrag:

 

Zu 1.: Von der EU geplante Neufassung der Regelungen für die Banken und Finanzmärkte

 

In Reaktion auf die Finanzkrise laufen Bestrebungen, die bisherigen bankenaufsichtlichen Regelungen zu verschärfen, um so die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß künftiger Krisen zu vermindern. Ein zentrales Element in diesem Kontext sind die Empfehlungen des Baseler Ausschusses (Basel III), welche in Kürze in europäisches Recht umgesetzt werden sollen.

 

Die Intention, das Finanzsystem zu stabilisieren und so Risiken für den Steuerzahler zu minimieren, ist im Grunde selbstverständlich begrüßenswert. Erfolgt jedoch die Umsetzung in europäisches Recht so wie gegenwärtig vorgesehen - und damit ohne das erforderliche Augenmaß und ohne hinreichende Berücksichtigung nationaler Besonderheiten - folgt daraus im Hinblick auf die Kommunalfinanzierung die konkrete Gefahr, dass die Kommunen künftig wesentlich schlechtere Kreditkonditionen erhalten werden. Im schlechtesten Fall droht sogar, gar keine langfristige Refinanzierungsmöglichkeit zu haben.

 

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände ein Positionspapier erarbeitet, welches in den für die Kommunalfinanzierung entscheidenden Punkten wichtige Forderungen     (s. Anlage) an das Regelungspaket stellt, die möglichst bei der Umsetzung in europäisches Recht noch berücksichtigt werden sollten.

 

Basel III

 

Basel III bezeichnet ein Reformpaket des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht. Bei dem Ausschuss handelt es sich um einen Zusammenschluss von Notenbanken und Finanzaufsichtsbehörden, angesiedelt bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (die Zentralbank der Zentralbanken). Gegründet wurde der Ausschuss 1974 in Reaktion auf den Kollaps der Kölner Herstatt-Bank. Seither wurden die unter den Namen Basel I und Basel II bekannten Regelwerke umgesetzt, deren wesentlicher Gegenstand die Einführung von höheren Eigenkapitalanforderungen an Banken sowie damit einhergehende Aufsichtsregelungen war. Das Regelwerk Basel III sieht als Konsequenz auf die jüngste Finanzmarktkrise weitere Verschärfungen der bankenaufsichtlichen Regelungen vor. Dabei  handelt es sich aber noch nicht um verbindliches Recht, sondern um Empfehlungen. Die Empfehlungen werden von der EU aufgegriffen und in Kürze in europäisches Recht umgesetzt (Behandlung im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments: April 2012, Entscheidung im EU-Parlament: Juni 2012).

 

Die wichtigsten regulatorischen Zielsetzungen der Basel III Empfehlungen in Bezug auf Bankinstitute im Überblick:

 

-          Erhöhung der Qualität des Eigenkapitals:

 

Die Kriterien für die Frage, was als hochwertiges Eigenkapital – auch hartes Kernkapital genannt – qualifiziert werden darf, werden strenger. Hartes Kernkapital ist danach etwa das eingezahlte Gesellschaftskapital sowie Gewinnrücklagen.

 

-          Erhöhung der Quantität des Eigenkapitals (erhöhte Kapitalquoten):

 

Das Verhältnis Eigenkapitalbestand zu den Risiken der Banken soll zugunsten der Sicherheit geändert werden. Die Anforderung zur Bereithaltung von hartem Kernkapital soll künftig von 2 % auf 4,5 % steigen, hinzu kommt ein Kapitalerhaltungspuffer von 2,5 %.

 

-          Einführung einer Gesamtverschuldungsobergrenze (sog. Leverage Ratio):

 

Es handelt sich um eine Kennziffer, die das harte Kernkapital einer Bank ins Verhältnis setzt zu den nicht risikogewichteten (bilanziellen und außerbilanziellen) Aktiva. Die Kennziffer ist noch nicht final beschlossen. Die Mindestunterlegungsquote beträgt im Beobachtungszeitraum bis zum Jahr 2018 3 %, das heißt die Gesamtaktiva einer Bank (bilanzielle und außerbilanzielle Aktiva) dürfen unabhängig von ihrer Risikogewichtung nicht mehr als das 33,3-fache des Kernkapitals betragen.

 

-          Erhöhung der Anforderungen bezüglich kurzfristiger Liquidität:

 

Die Liquidity Coverage Ratio (LCR) soll gewährleisten, dass Liquiditätseinbrüche von den Instituten kompensiert werden können. Hierfür müssen die Institute jederzeit über ausreichend liquide Aktiva verfügen. Bei der LCR wird der Bestand an qualitativ hochwertigen liquiden Aktiva mit dem erwarteten Liquiditätsabfluss in einem 30-Tage-Stressszenario vergleichen. Die liquiden Aktiva erhalten eine qualitätsabhängige Gewichtung, die zwischen 100 % für Staatsanleihen und 0 – 50 % für Unternehmensanleihen liegt.

 

-          Erhöhung der Anforderungen bezüglich längerfristiger Liquidität:

 

Die längerfristige Refinanzierungsquote (Net Stable Funding Ratio – NSFR) vergleicht verfügbare Finanzierungsquellen mit erforderlichen langfristigen Finanzierungsbedürfnissen, welche sich aus den Aktiva der Bilanz ergeben. Die NSFR soll Institute dazu anregen, stabile Quellen für eine fristengerechte Finanzierung ihrer Aktivitäten zu nutzen und einseitige Abhängigkeiten von kurzfristiger Refinanzierung zu vermeiden.

             

Umsetzung in europäisches Recht

 

Die Umsetzung der Basel III Empfehlungen in europäisches Recht steht unmittelbar bevor, ein entsprechender Vorschlag der EU-Kommission existiert bereits. Der Vorschlag besteht aus einer Richtlinie und einer Verordnung.

 

Die derzeitig vorgesehene Ausgestaltung der Umsetzung sieht allerdings eine allzu undifferenzierte Anwendung des Regelwerkes auf alle Banken vor. Während die Basel III Empfehlungen für international agierende Großbanken mit entsprechender Systemrelevanz erstellt wurden, sieht die europäische Umsetzung momentan die unterschiedslose Anwendung auch auf kleine und mittlere Banken vor, die sich ausschließlich oder überwiegend im risikoarmen Geschäftsbereich (z. B. Finanzierung der Kommunen und des Mittelstandes vor Ort) betätigen. Dadurch werden diese kleinen Institute, die nichts mit der Entstehung der Finanzmarktkrise zu tun hatten, ungerechtfertigt „bestraft“.

 

Zudem ist die Umsetzung des Teils des Regelungspaketes, der den bankenaufsichtlichen Bereich (dies sind die oben unter Basel III überblickartig vorgestellten regulatorischen Zielsetzungen) abdecken soll, in Form einer EU-Verordnung geplant. Damit werden die Regelungen der Verordnung unmittelbar geltendes Recht innerhalb der Eurozone, ohne dass es die Chance auf Berücksichtigung nationaler Besonderheiten (insbes. Berücksichtigung der Dreigliedrigkeit des deutschen Bankensystems - bestehend aus Genossenschaftsbanken, öffentlich-rechtlichen Instituten und Privatbanken - mit entsprechend unterschiedlichen Geschäftsmodellen und damit verbundener Risikostruktur) gäbe. Dies hat zur Folge, dass diese deutsche Besonderheit, nämlich die Existenz sowie der hohe Anteil der öffentlich-rechtlichen Institute (Sparkassen) und der Genossenschaftsbanken (etwa Raiffeisenbank e. G.) am deutschen Bankengeschehen nicht hinreichend Berücksichtigung findet. Denn durch die vorgesehene Regelung, welche die direkten und indirekten Finanzbeteiligungen an Instituten nicht als hartes Kernkapital anerkennen will, werden hierzulande ungerechtfertigt Finanzverbünde wie die Sparkassenfinanzgruppe und die Genossenschaftsbanken benachteiligt, obwohl sich diese überwiegend im risikoarmen Geschäftsbereich betätigen und als Stabilitätsanker in der Krise erwiesen haben.

 

Die ungerechtfertigte Einbeziehung kleiner und mittlerer Banken in den Anwendungsbereich der verschärften Regelungen sowie die mangelnde Berücksichtigung der Besonderheiten des dreigliedrigen deutschen Bankensystems wird aber auch für die Kommunen nicht folgenlos bleiben.

 

Folgen für die Kommunen, wenn es bei den derzeitig vorgesehen Regelungen bleibt

 

Im Hinblick auf den Kommunalkredit zeichnet sich durch die vorgesehene Umsetzung eine Verschlechterung der Konditionen ab.

 

Während bislang die Kapitalregeln dafür sorgten, dass Banken für Kredite an öffentliche Schuldner (und damit auch an Kommunen) - im Unterschied zu allen anderen Krediten - kein Eigenkapital zurücklegen mussten, wird diese Situation sich künftig selbst dann ändern, wenn der Kommunalkredit wie bisher mit einem Null-Risiko-Gewicht bewertet bleiben wird. Denn spätestens ab 2018 wird bedingt durch die voraussichtlich gültig werdende Leverage Ratio (s. o.) auch das Verhältnis des Eigenkapitals zu den gesamten Aktiva einer Bank zählen – und an dieser Stelle fallen dann auch Kommunaldarlehen ins Gewicht (unabhängig von ihrer Risikoeinstufung). Weil damit faktisch auch für Kommunalkredite Eigenkapital reserviert werden muss, steht der Kommunalkredit künftig in Konkurrenz mit allen anderen Geschäften, für die eine Bank ihre Ressourcen einsetzen könnte. Die Folge wird eine Verschiebung der Bankaktivitäten zum margenträchtigeren Geschäft sein bzw. eine Verknappung des Kommunalkreditangebotes und damit bei gleichbleibender Nachfrage eine entsprechende Verteuerung der Kommunalkreditkonditionen.

 

Weiterhin ist durch die im Hinblick auf die vorgesehenen Eigenkapitalanforderungen zu erwartende besondere Betroffenheit der Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Deutschland (Nichtanerkennung von direkten und indirekten Finanzbeteiligungen als hartes Kernkapital, s. o.), welche einen besonders großen Anteil an der Kommunalfinanzierung haben, fraglich, ob diese unter der bevorstehenden Herausforderung in der Lage sein werden, sich weiterhin im bisherigen Umfang im Bereich der Kommunalfinanzierung zu engagieren. Auch hierdurch erscheint eine Verknappung und Verteuerung des Kommunalkreditangebots wahrscheinlich.

 

Hinzu kommt schließlich der Umstand, dass - wenn wie erwartet die negativen Folgen für die Kommunalfinanzierung eintreten werden - der deutsche Gesetzgeber im Nachhinein keine Möglichkeit mehr haben wird korrigierend einzugreifen, da eine EU-Verordnung hierzu keinen Spielraum lässt.

 

Für nähere Details zu den Forderungen, die bei der Umsetzung von Basel III in europäisches Recht deshalb berücksichtigt werden sollten, siehe Anlage.

 

Zu 2.: Von der EU geplante Reform des Vergaberechts

 

Auch zum EU-Vergaberecht liegt ein Reformvorschlag der EU-Kommission vor, welcher im Falle seiner Umsetzung ebenfalls schlechtere Konditionen für die Kommunen bei der Inanspruchnahme von Kommunalkrediten mit sich bringen wird.

 

EU-Vergaberecht

 

Das Vergaberecht der Europäischen Union regelt die Vergabe öffentlicher Aufträge durch die öffentliche Hand.

 

Bisherige Situation, geplante Änderung sowie deren Auswirkungen

 

Bislang sind „Geschäfte, die der Geld- oder Kapitalbeschaffung öffentlicher Auftraggeber dienen“ von der Anwendung des EU-Vergaberechts ausgenommen. Nach dem aktuellen Reformvorschlag der EU-Kommission soll diese Ausnahme nun gestrichen werden, so dass künftig auch die Kreditaufnahmen öffentlicher Auftraggeber in den Anwendungsbereich der EU-Vergaberichtlinie fallen.

Dies hätte zur Folge, dass bei einem Großteil kommunaler Kreditaufnahmen die Vorgaben des EU-Vergaberechts zu beachten wären, die schlechtere Konditionen nach sich ziehen würden. Konkret wären alle Kreditaufnahmen betroffen, die den Schwellenwert von 200.000 € übersteigen. Im Fall der Stadt Bamberg wäre dies bei fast allen Kreditaufnahmen der Fall. Dann müssten die Fristen des EU-Vergaberechts eingehalten werden, d. h. der Kreditbedarf müsste ausgeschrieben werden, lange bevor die Liquidität tatsächlich benötigt wird. War es bisher möglich, in Abwägung von Kreditbedarf und Zinsentwicklung den optimalen Zeitpunkt der Kreditaufnahme auch nach haushaltswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestimmen, so werden bei einer Ausschreibungspflicht nach EU-Recht derartige haushaltswirtschaftliche Optimierungen nur grob und mit großer Unsicherheit behaftet vorgenommen werden können. Angesichts der durch das EU-Vergaberecht bedingten langen Zeitdauer zwischen Ausschreibung und tatsächlicher Auszahlung des Kredites ist klar, dass der Kreditgeber aufgrund der ungewissen Zinsentwicklung in diesem Zeitraum Sicherheitszuschläge einkalkulieren wird. Letztlich müssten sich die Kommunen also zu Lasten des Steuerzahlers teurer refinanzieren.

Hinzu tritt ein weiterer möglicher Nachteil: Wenn sich die kommunalen Einnahmesituation nach einer Ausschreibung gemäß der EU-Richtlinie unerwartet verbessert, besteht kein Bedarf mehr für den Kredit(umfang). Die Ausschreibung müsste dann aufgehoben werden, was aber gemäß EU-Vergaberecht nicht zulässig ist. In diesem Fall müssten also Zinsen für einen Kredit gezahlt werden, den man nicht oder noch nicht braucht.

 

Argumente gegen die geplante Änderung

 

Aufgrund der erhöhten Kosten bei Kreditaufnahmen verstößt die geplante Änderung gegen das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, da das bisherige Verfahren eindeutig effizienter, flexibler und kostengünstiger für die Kommunen ist.

Auch die Begründung der EU-Kommission für die geplante Änderung kann nicht überzeugen. Danach soll vermieden werden, „dass in Zeiten der Krise leichtfertig kommunale Kredite aufgenommen werden“. Von einer leichtfertigen Aufnahme von Krediten kann keine Rede sein, denn die Aufnahme von Kommunalkrediten ist streng reglementiert. Kreditaufnahmen sind nur im Rahmen der rechtsaufsichtlich genehmigten Kreditermächtigung erlaubt, sie stehen stets unter dem Vorbehalt der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune und schließlich besteht ein allgemeines Verbot, Kredite aufzunehmen, wenn andere Finanzierungsquellen zur Verfügung stehen (Ultima-Ratio-Prinzip).

 

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II. Beschlussvorschlag

II.              Beschlussvorschlag:

 

Der Finanzsenat empfiehlt dem Stadtrat folgende Beschlussfassung:

 

1.              Der Sitzungsvortrag wird zur Kenntnis genommen.

 

2.              Die Stadt Bamberg schließt sich den Resolutionen der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände vollinhaltlich an und fordert daher

a)      in Bezug auf die geplante Umsetzung von Basel III in europäisches Recht sämtliche Forderungen aus dem Positionspapier der Bundesvereinigungen der kommunalen Spitzenverbände vom 14.02.2012 bei der Umsetzung zu berücksichtigen und

b)      in Bezug auf die Reform des EU-Vergaberechts von der geplanten Abschaffung des Ausnahmetatbestandes für die Geld- oder Kapitalbeschaffung öffentlicher Auftraggeber Abstand zu nehmen.

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

x

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

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Anlagen

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