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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2013/0001-20

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Beratungsfolge

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I.              Sitzungsvortrag:

 

Mit Beschluss des Finanzsenates vom 27.04.2010 erhielt die Verwaltung den Auftrag, in Sachen Kulturförderabgabe die Anträge der Stadtratsmitglieder Monika Bieber, Wolfgang Metzner, Wolfgang Wußmann, Klaus Stieringer und Eddy Weiß vom 07.07.2008 und der Stadtratsmitglieder Monika Bieber, Wolfgang Metzner, Klaus Stieringer und Wolfgang Wußmann vom 24.03.2010 (siehe Anlagen 1 und 2) in geeigneter Form weiter zu bearbeiten und dem Stadtrat über Zwischenergebnisse zu berichten.

 

Auf die bisherigen Berichte im Finanzsenat vom 27.04.2010 (VO/2010/0835-20), vom 27.07.2010 (VO/2010/0835-20-1), vom 25.01.2011 (VO/2010/1557-20) und vom 27.09.2011 (VO/2011/0415-20) wird verwiesen.

 

Die Verwaltung steht regelmäßig in Kontakt mit der Landeshauptstadt München (LHM) und tauscht Informationen über die Verfahren aus.

 

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat die Berufung der LHM gegen den Freistaat Bayern wegen der Ablehnung der Genehmigung der Satzung zur Erhebung einer Übernachtungsteuer mit Urteil vom 22.03.2012 (Aktenzeichen: 4 BV 11.1909) abgewiesen. Die schriftliche Begründung des Berufungsurteils des BayVGH mit der Rechtsmittelbelehrung wurde der LHM am 07.05.2012 zugestellt. Danach kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig angefochten werden.

 

Die Vollversammlung des Stadtrates der LHM beschloss am 16.05.2012, dass gegen das Urteil des BayVGH vom 22.03.2012 die erforderlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe beim BVerwG bzw. beim BayVGH eingelegt werden, um die Frage zu klären, ob der LHM ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung einer Übernachtungsteuersatzung durch den Freistaat Bayern zusteht.

 

1.              Hintergrund des Rechtsstreits

 

Am 23.06.2010 beschloss der Stadtrat der LHM die Einführung der Übernachtungsteuer und den Erlass einer entsprechenden Steuersatzung mit Wirkung zum 01.01.2011.

 

Nach Art. 2 Abs. 3 des bayerischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) bedürfen Abgabesatzungen nach Art. 3 KAG (Erhebung von örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern) der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde, wenn durch sie erstmalig in Bayern eine bisher nicht erhobene kommunale Verbrauch- oder Aufwandsteuer eingeführt wird. Eine Genehmigung darf nur mit Zustimmung des Staatsministeriums des Innern erteilt werden. Die Zustimmung und die Genehmigung dürfen nur versagt werden, wenn die neue Satzung höherrangigem Recht widerspricht oder wenn die Steuer öffentliche Belange, insbesondere volkswirtschaftliche oder steuerliche Interessen des Staates beeinträchtigt.

 

Das KAG regelt abschließend, wann eine Genehmigung versagt werden darf. Liegt keiner der in Art. 2 Abs. 3 KAG gesetzlich festgelegten Versagungsgründe vor, dann besteht ein Rechtsanspruch auf Genehmigung der Abgabesatzung.

 

Die LHM beantragte mit Schreiben des OB vom 09.07.2010 bei der Regierung von Oberbayern als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde, die Genehmigung zu erteilen. Mit Bescheid vom 25.10.2010 lehnte die Regierung von Oberbayern die Genehmigung der Satzung der LHM ab.

 

Der Stadtrat der LHM beschloss am 24.11.2011 gegen diese Entscheidung rechtlich vorzugehen und auf Erteilung der Genehmigung vor dem Verwaltungsgericht München (VG) zu klagen (1. Gerichtsinstanz).

 

Das VG München hat am 30.06.2011 die Klage der LHM auf Erteilung der Genehmigung der Satzung abgewiesen. Das VG München bestätigte die Regierung von Oberbayern in ihrer Rechtsansicht.

 

Das VG München hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Berufung zum BayVGH (2. Gerichtsinstanz) zugelassen. Auf Grund des Stadtratsbeschlusses vom 27.07.2011 legte die LHM dann Berufung ein.

 

2.              Berufung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH)

 

Am 21.03.2012 fand vor dem BayVGH die mündliche Verhandlung des Berufungsverfahrens statt. Daraufhin erließ der BayVGH am 22.03.2012 das Berufungsurteil, mit dem er die Berufung der LHM zurückwies. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wurde in dem Urteil vom 22.03.2012 nicht zugelassen.

 

Der BayVGH setzte sich in seiner Urteilsbegründung nicht mit den bundesrechtlichen Fragen des Festbetrags der Steuer und der beruflichen Veranlassung auseinander. Er entschied, dass das Urteil des VG München und die Genehmigungsversagung der Regierung von Oberbayern rechtmäßig sind, weil die Übernachtungsteuer öffentliche Belange nach Art. 2 Abs. 3 KAG in der Form konkreter steuerlicher Interessen des Staates beeinträchtige. Eine Übernachtungsteuer widerspreche dem staatlichen Interesse der Umsatzsteuerermäßigung von 19 % auf 7 % gemäß Art. 5 Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Das unmittelbare Ziel dieses Gesetzes hätte in der Entlastung der Beherbergungsunternehmen von betrieblichen Abgaben bestanden, um ihren finanziellen Spielraum zu erweitern und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit auch im internationalen Vergleich zu stärken. Dieser Zweck, der in § 12 Abs. 2 Nr. 11 Umsatzsteuergesetz (UStG) deutlich zum Ausdruck komme, würde von der Einführung einer Übernachtungsteuer spürbar beeinträchtigt, da die angestrebte Entlastungswirkung jedenfalls teilweise wieder entfiele. Die tatsächlichen Wirkungen der gesetzlichen Regelungen sind nach Ansicht des BayVGH unbeachtlich. Eine Ermessensabwägung zwischen den Interessen des Staates und der Kommune müsse durch die Genehmigungsbehörde nur in sehr engen Grenzen besonders wichtiger Gründe stattfinden.

 

Zu den „Interessen des Staates“ gehörten dabei nicht nur diejenigen des Freistaates Bayern, sondern ebenso die gesamtstaatlichen Interessen des Bundes. Von einer „Beeinträchtigung“ könne nicht erst bei einer völligen Unvereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen gesprochen werden, vielmehr genüge schon deren nachteilige Beeinflussung.

 

Der geringe Ermessensspielraum der staatlichen Aufsichtsbehörde lasse nur dann eine Ausnahme von den gesetzlichen Versagungstatbeständen (Widerspruch zu höherrangigem Recht oder Beeinträchtigung öffentlicher Belange) zu, wenn dies wegen besonders gewichtiger Gründe gerechtfertigt sei. Dies wäre dann in Betracht zu ziehen, wenn einerseits nur eine ganz geringfügige Beeinträchtigung der staatlichen Belange vorläge und andererseits die Kommunen dringend auf die Einführung der neuen Steuer angewiesen wären. Beides verneinte der BayVGH. Dass die finanzielle Grundausstattung der bayerischen Kommunen ohne die Erhebung einer Übernachtungsteuer gefährdet wäre, sei nicht ersichtlich und habe die LHM auch nicht geltend gemacht. Sollte eine solche Steuer einen spürbaren Beitrag zum kommunalen Haushalt leisten, müsste der Steuersatz so hoch festgelegt werden, dass die mit der Umsatzsteuersenkung intendierte Entlastung der Beherbergungsunternehmen weitgehend entfiele.

 

3.              Stellungnahme der LHM zu den Ablehnungsgründen des BayVGH

 

Die LHM hielt zunächst an ihrer Einschätzung fest, dass die Versagung der Genehmigung durch den Freistaat rechtswidrig gewesen sei. Der Freistaat habe bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „öffentliche Belange“ einseitig die Interessen des Gastgewerbes über die der Kommune gestellt. Durch die Versagung der Genehmigung werde die LHM in ihrer verfassungsrechtlich verbürgten Finanzhoheit und dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht verletzt.

 

Die Berufungsbegründung des BayVGH lasse der staatlichen Exekutive die einfache Möglichkeit, das kommunale Selbstverwaltungsrecht „mit politischen Begründungen ohne faktische Grundlagen einzuschränken“. Eine Abwägung der staatlichen Interessen mit den Interessen der Kommune soll laut BayVGH nur in engen Grenzen stattfinden. Auch das könnte die kommunale Selbstverwaltungshoheit nach Art. 28 Grundgesetz und Art. 11, 83 Bayerische Verfassung in rechtswidriger Weise beschränken.

 

Die Frage der Rechtmäßigkeit der Übernachtungsteuersatzung sollte nach dem Willen der LHM über eine Nichtzulassungsbeschwerde (gegen das Revisionsverbot des BayVGH) durch das BVerwG (3. Gerichtsinstanz) höchstrichterlich abschließend geklärt werden.

 

4.              Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts v. 11.07.2012

 

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (BVerwG) entschied (in einem anderen, ähnlichen Revisionsverfahren) mit Urteil vom 11.07.2012 (Az.: 9 CN 1.11 und 2.11), dass Gemeinden Steuern nur auf privat veranlasste entgeltliche Übernachtungen erheben dürfen, nicht aber auf solche, die beruflich zwingend erforderlich sind.

 

Die Revisionsklägerinnen betreiben Hotels in Trier und Bingen am Rhein. Beide Städte erheben nach ihren Satzungen eine Kulturförderabgabe für entgeltliche Übernachtungen in ihrem Stadtgebiet. Die Normenkontrollanträge gegen die Satzungen sind bei dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz (Rheinland-Pfalz) zuvor erfolglos geblieben. Auf die Revisionen hin hat das BVerwG die Urteile des OVG Koblenz geändert und die Satzungen der Städte Trier und Bingen für unwirksam erklärt.

 

Aufwandsteuern erfassen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die darin zum Ausdruck kommt, dass die Verwendung von Einkommen für den persönlichen Bedarf (Konsum) über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht. Diese Voraussetzung liegt zwar bei entgeltlichen Übernachtungen aus privaten, insbesondere touristischen Gründen, vor. Sie fehlt aber bei entgeltlichen Übernachtungen, die beruflich zwingend erforderlich sind und nicht der Verwendung, sondern der Erzielung von Einkommen dienen und daher nicht der Aufwandbesteuerung unterliegen.

 

Die Aufwandsteuern für privat veranlasste Übernachtungen sind nach der Gesamtbewertung des BVerwG nicht als gleichartig mit der Umsatzsteuer anzusehen. Sie weisen zwar Ähnlichkeiten mit der Umsatzsteuer auf, unterscheiden sich jedoch von ihr erheblich: Sie erfassen den Steuergegenstand „Entgelt für Übernachtung“ nur in einem Teilbereich (private Übernachtung) und werden nur zeitlich begrenzt (hier für vier bzw. sieben zusammenhängende Übernachtungstage) erhoben, während die Umsatzsteuer alle Lieferungen und Leistungen des Unternehmens betrifft und ohne eine derartige zeitliche Grenze anfällt. Die Satzungen sehen einen Steuerpauschalbetrag vor, während die Umsatzsteuer sich nach einem Hundertsatz vom Übernachtungsentgelt berechnet; zudem wird die Übernachtungssteuer anders als die Umsatzsteuer nur von Erwachsenen erhoben.

 

Die Satzungen sind gleichwohl nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang unwirksam, weil sie nicht teilbar sind. Es fehlt jegliche Regelung, wie berufsbedingte Übernachtungen von privaten zu unterscheiden sind und wie entsprechende Angaben kontrolliert werden sollen. Das führt zur Ungewissheit über die Besteuerungsvoraussetzungen, die laut BVerwG auch nicht für eine Übergangszeit hingenommen werden kann.

Der Stadtrat der LHM beschloss daraufhin am 25.07.2012, dass die von der LHM gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 22.03.2012 (Az.: 43 BV 11.1909) eingelegten Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe, um die Frage zu klären, ob der LHM ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung einer Übernachtungssteuer durch den Freistaat Bayern zusteht, zurückgenommen werden.

 

Fazit:

 

Auf Grund des BVerwG-Urteils vom 11.07.2012 gegen die Städte Trier und Bingen verzichtet auch die LHM auf die Einführung einer neuen Übernachtungssteuer. Die zweifelsfreie Abgrenzung zwischen beruflich und privat veranlassten Übernachtungen ist rechtlich nicht genau geklärt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat den Gesetzgeber und die Verwaltung im Falle der Steuererhebung mittels Abgabe einer Steuererklärung im besonderen Maße dazu verpflichtet, „die Steuerehrlichkeit durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeit abzustützen“ (BVerfG, Urteil v. 27.06.1991 – BvR 1493/89 und bestätigend Beschluss v. 19.04.2006 – 2 BvR 300/06). Eine Trennung zwischen beruflich und privat veranlassten Übernachtungen hält die LHM für nicht durchführbar, weil sie kaum kontrolliert werden kann. In Reiseführern würden schon nach kurzer Zeit Spartipps auftauchen, die bei der Anmeldung in der Hotelrezeption das Ankreuzen des „Geschäftsreise“- Feldes empfehlen. Zudem seien nur noch vergleichsweise geringe Einnahmen zu erwarten, die durch den enormen Verwaltungsaufwand weiter geschmälert werden.

 

Die o.g. rechtlichen Ausführungen zur Übernachtungssteuer gelten für die Prüfung der Möglichkeit der Erhebung einer „Kulturförderabgabe“ in der Stadt Bamberg analog. Damit erscheint eine Einführung dieser Abgabe in Bamberg aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Es wird deshalb vorgeschlagen, von weiteren Verfahren zur Erhebung einer „Kulturförderabgabe“ in Bamberg abzusehen.

 

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II. Beschlussvorschlag

II.              Beschlussvorschlag

 

1.      Vom Sitzungsvortrag wurde Kenntnis genommen.

 

2.      Von weiteren Verfahren zur Erhebung einer „Kulturförderabgabe“ in der Stadt Bamberg wird abgesehen.

 

3.      Damit sind die Anträge der Stadtratsmitglieder Monika Bieber, Wolfgang Metzner, Wolfgang Wußmann, Klaus Stieringer und Eddy Weiß vom 07.07.2008 und der Stadtratsmitglieder Monika Bieber, Wolfgang Metzner, Klaus Stieringer und Wolfgang Wußmann vom 24.03.2010 geschäftsordnungsmäßig erledigt.

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

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Anlagen

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