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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2015/1692-452

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Beratungsfolge

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I.              Sitzungsvortrag:

 

 

Mit Schreiben vom 16. März 2015 beantragt die GAL Stadtratsfraktion, dass die städtischen Schulen durch

die Stadt Bamberg angewiesen werden und an alle Bamberger Schulen appelliert werden solle, dass bei

Schulbesuchen der Bundeswehr die Forderungen des UN-Kinderrechtsausschusses für Deutschland beachtet

werden. Falls Schulbesuche der Bundeswehr erfolgen, sollten diese im Einklang der UN-Kinderrechtskon-

vention und dem für alle deutschen Schulen geltenden Beutelsbacher Konsens für politische Bildung stattfinden. Unter anderem wurde auf das letzte Berichtsverfahren des UN-Ausschusses für die Rechte und Kinder, aus dem Jahr 2014 verwiesen, wonach die Bundesregierung wohl aufgefordert wurde, „jegliche Bundeswehrwerbung bei Minderjährigen zu verbieten.“

 

Daraufhin wurde die im Raum stehende Frage, ob die Bundeswehr an Schulen werben darf, durch die Rechtsabteilung der Stadt Bamberg geprüft. Diese Prüfung ergab folgendes Ergebnis:

 

 

Zur Ausgangssituation:

 

Von Karriereberatern der Bundeswehr gehaltene Vorträge bzw. ihre Einbindung im Rahmen von Veransta-ltungen an Schulen kommen in fast allen Bundesländern - wenn auch in unterschiedlicher Häufigkeit - vor. „Spitzenreiter“ ist nach wie vor der Freistaat Bayern. So geht Anlage 2 zur Drucksache 17/14703 des Deutschen Bundestags für das Jahr 2013 von 2.391 Vorträgen von Karriereberatern der Bundeswehr an bayerischen Schulen aus, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (1.345), Niedersachsen (1.090), Baden-Württemberg (854) und Rheinland-Pfalz (656). So wurden in Bayern dabei 48.160 Schülerinnen und Schüler erreicht. Relativ wenige Vorträge und Veranstaltungen halten die Bundeswehr-Karriereberater in Jobcentern, Arbeitsagen-turen und Berufsinformationszentren in Bayern (in 2013: 24).

 

Mit der Frage, ob die Bundeswehr an Schulen werben darf und ggf. wer zum Einschreiten befugt ist, wurde die Rechtsabteilung der Stadt Bamberg befasst. Diese juristische Prüfung führte zu folgendem Ergebnis:

 

 

 

 

 

  1. Zuständigkeit

 

Bei staatlichen Schulen liegen Organisation und Inhalte des Schulunterrichts und schulischer Veranstal-tungen in der Verantwortung der Schule (Schulleitung) bzw. des Freistaat Bayerns. Bei städtischen Schulen trägt die Schulleitung die pädagogische, organisatorische und rechtliche Gesamtverantwortung und muss sich dabei im Rahmen der Gesetze halten. Sowohl bei staatlichen als auch bei kommunalen Schulen ist die Kontrolle, ob die Schule im Rahmen ihrer schulischen Aufgaben agiert, der jeweils zuständigen Schulaufsichtsbehörde (- dies differiert je nach Schultyp -) zugewiesen.

Wie Freistaat und Zweckverband Gymnasien ist die Stadt Bamberg Sachaufwandsträgerin eigens Schulen. Als solche hat sie die o.g. Zuständigkeiten zu respektieren. Die Stadt Bamberg darf auch bei von ihr getra-genen Schulen grundsätzlich nicht in Fragen der Ausgestaltung von Unterricht und Schulveranstaltungen intervenieren, es sei denn, dass hierdurch Schulmittel (z.B. Räume, Inventar, finanzielle Mittel) für Zwecke eingesetzt werden, die nicht im Bereich der Aufgaben der Schule liegen.

 

  1. Aufgaben der Schule

 

Materiell-rechtlich kommt es darauf an, ob die Schule, wenn sie die Bundeswehr einlädt, sich im Rahmen einer Berufsinformationsveranstaltungsreihe in der Schule zu präsentieren, ihren schulischen Aufgaben nachkommt. Hierzu gehört einerseits der lehrplanmäßige Pflichtschulunterricht. Für sonstige Veranstaltungen, die seitens der Schule veranlasst werden, genügt es nicht, sie lediglich formal als Schulveranstaltungen zu deklarieren. Vielmehr darf die Schule nur solche Veranstaltungen durchführen, die einen unmittelbaren Bezug zu ihren schulischen Aufgaben aufweisen (Art. 30 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen - BayEUG).

 

Politische Bildung gehört zu den Aufgaben der Schule und kann sowohl in Form des Pflichtschulunterrichts als auch in sonstigen Schulveranstaltungen angeboten werden. In der Öffentlichkeit wird kontrovers diskutiert, ob auf Vertreter der Bundeswehr zurückgegriffen werden sollte, um in der Schule politische Bildungsinhalte zu vermitteln. Die Existenz einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus und der Bundeswehr (Wehrbereichskommando IV, Süddeutschland) von 2010 zeigt, dass der Freistaat (wie etliche andere Bundesländer) von der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Zusammenarbeit von Schulen und Bundeswehr im Bereich der politischen Bildung ausgeht, sofern bestimmte Regeln eingehalten werden. In der Kooperationsvereinbarung selbst ist festgelegt, dass die Jugendoffiziere der Bundeswehr sicherheitspolitische Fragestellungen mit den Schülern bearbeiten. Ihnen ist untersagt, für die Bundeswehr zu werben. Dies schließt auch Werbung (nicht: bloßer Verweis auf Nachfrage) für anderweitige Veranstaltungen ein, auf welchen die Bundeswehr wirbt.

 

Regelungen zur politischen Bildung enthält außerdem der sog. Beutelsbacher Konsens von 1976, welcher Indoktrination der Schüler verbietet. So dürfen Schüler nicht mit einer erwünschten Meinung „überrumpelt“ werden (Überwältigungsverbot), in Wissenschaft und Politik Kontroverses muss kontrovers dargestellt werden. Der Schüler muss in die Lage versetzt werden, die politische Situation und eigene Interessenlage zu analysieren und Möglichkeiten zu suchen, sich im Sinne seiner eigenen Interessen politisch zu engagieren.

 

Von der politischen Bildung sind der Bereich der Berufsinformation sowie der Bereich des Personal-marketing einzelner Arbeitgeber abzugrenzen.

 

Kooperationsvereinbarung und Beutelsbacher Konsens nehmen zu Fragen außerhalb der politischen Bildung keine Stellung. Es fehlen Aussagen zu Karriereberatern der Bundeswehr (nicht: Jugendoffiziere).

 

Es liegt im Rahmen der schulischen Aufgaben des Art. 2 Abs. 1 BayEUG, Schülerinnen und Schülern Berufsinformationsveranstaltungen anzubieten, damit sich die Schülerinnen und Schüler ein eigenes Bild über die Berufslandschaft und die Anforderungen der verschiedenen Berufsbilder machen und mit ihren eigenen Fähigkeiten vergleichen können. Dazu dürfen auch konkrete Informationen bzw. Praxisbeispiele (Darstellung von Berufsbildern und Anforderungen der Arbeitgeber aus der Praxis der Unternehmen) ggf. auch in Form von Erfahrungsberichten der Arbeitgeberseite, vermittelt werden. Die Veranstaltung ist auf die relevante Altersgruppe zu beschränken.

 

 

 

Die Grenze ist allerdings dann überschritten, wenn die Veranstaltungen so konzipiert oder umgesetzt werden, dass sie nach ihrem Erscheinungsbild den Schwerpunkt von der Information der Schüler über die Berufe hin zu einer Personalwerbeveranstaltung der sich präsentierenden Arbeitgeber verlagern. Primärziel jedes Personalmarketings ist es, die Voraussetzungen für eine langfristige Sicherung der Versorgung eines Arbeitgebers mit qualifizierten Mitarbeitern und damit eine Form der kommerziellen Werbung. Es spielt keine Rolle, ob Schülerinnen und Schüler eine Personalwerbeveranstaltung unter mehreren aussuchen. Schülerinnen und Schülern durch Personalmarketing ein einseitiges Fremdbild zu vermitteln, anstatt sie in die Lage zu versetzen, sich eine eigene Vorstellung von den Berufen zu machen, liefe der schulischen Aufgabe zuwider.

 

Entscheidend ist, dass die Schule in eigener Verantwortung für die Bildungsinhalte die Berufsinformations-veranstaltungen organisatorisch und inhaltlich so konzipiert, dass die Erfüllung der Schulaufgabe gewähr-leistet ist. Dies ist naturgemäß ein Balanceakt, weil Arbeitgeber tendenziell bestrebt sein werden, ihr Image im günstigsten Licht erscheinen zu lassen. Dies gilt auch für die Bundeswehr, zumal diese beim Einsatz der Karriereberater weder zwischen Personalwerbung oder Information über das Berufsbild noch zwischen zivilem oder militärischem Einsatz differenziert. Die Verantwortung liegt hier umso mehr beim Lehrper-sonal, welches z.B. durch Festlegung des zeitlichen Rahmens, sowie durch Rückfragen zu Vortragsinhalten vor Zulassung und Steuerung der Diskussion, im Rahmen der Veranstaltungen, für Ausgewogenheit sorgen kann. Im Fall der Kooperation mit der Bundeswehr hat das Lehrpersonal der Schule überdies darauf zu achten, dass keine Verquickung, gleich welcher Art, zwischen dem Bereich der politischen Bildung und dem Berufsinformationsbereich stattfindet.

 

Die Kontrolle über die Erfüllung schulischer Aufgaben obliegt der jeweiligen Schulaufsichtsbehörde.

 

Die Stadt Bamberg kann als Sachaufwandsträger die Nutzung des Gebäudes nur in erweislichen Missbrauchsfällen, d.h. wenn die Grenzen der Schulaufgaben überschritten werden, verweigern. Ihr ist es allerdings verwehrt, eine eventuelle eigene politisch motivierte Auffassung zum Maßstab für die Auslegung des Begriffs der Schulaufgaben zu machen. Sollten Schulveranstaltungen erwiesenermaßen nur der Bemäntelung schulfremder Zwecke dienen und eine Zweckentfremdung des Schulgebäudes hierfür stattfinden, wird die Stadt entsprechend intervenieren.

 

 

  1. UN-Kinderrechtskonvention

 

Art. 38 der UN-Kinderrechtskonvention, ergänzt durch Art. 2 und 3 des 2. Fakultativprotokolls zur Kinderrechtskonvention regelt, ab welchem Alter jemand obligatorisch bzw. freiwillig bei einer nationalen Streitkraft eingezogen werden kann.

Diese Normen treffen damit lediglich eine Aussage, wer in eine Streitkraft eingezogen werden darf. Sie enthalten aber keinerlei Regelungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Werbekampagnen für die Streitkräfte. Daher ist eine solche vom Wortlaut dieser Verträge nicht verboten. Die Frage, ob aufgrund vom Sinn und Zweck dieser Völkerrechtsverträge über den Wortlaut hinaus Werbung gegenüber von Kindern verboten ist, ist durch die Rechtsprechung nicht geklärt.

 

Die Empfehlung des UN-Ausschusses für die Rechte der Kinder vom 31.01.2014 verpflichtet die Bundesrepublik Deutschland nicht, Werbekampagnen zu verbieten.

 

Zwar zeigt sich der Ausschuss besorgt, dass Werbekampagnen der Streitkräfte, die auf Kinder abzielen, existieren und dass die Streitkräfte im schulischen Bereich aktiv sind. Jedoch verpflichtet die Empfehlung des UN-Ausschusses die Bundesrepublik Deutschland nicht, solche Werbekampagnen zu verbieten.

 

Diese Forderung stellt lediglich eine Empfehlung im Sinne des Art. 45 d) UN-Kinderrechtskonvention

dar. Eine Empfehlung ist jedoch für die Mitgliedstaaten, im Gegensatz zu den ratifizierten Völkerrechtsverträgen und den Beschlüssen des Sicherheitsrates nach Art. 25 der Charta der Vereinten der Nationen, nicht bindend. Insbesondere ist auch in der UN-Kinderrechtskonvention keine Pflicht zur Umsetzung der Empfehlung oder eine Sanktionierung bei Nichtumsetzung geregelt.

 

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II. Beschlussvorschlag

 

 

II.              Beschlussvorschlag

 

  1. Vom Sachstandsbericht wird Kenntnis genommen.
  2. Der Antrag der GAL-Stadtratsfraktion vom 16. März 2015 ist damit geschäftsordnungsmäßig behandelt.

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

 

 

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Anlagen

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