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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2017/0679-30

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Beratungsfolge

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I.Sitzungsvortrag:

 

1. Antrag:

Mit Schreiben vom 22.11.2016 an Herrn Oberbürgermeister Andreas Starke (Anlage 1) beantragte die Stadtratsfraktion Bamberger Allianz, dass die Stadt Bamberg für Zirkusaufführungen mit Wildtieren keine Genehmigungen mehr aussprechen möge, solange der Gesetzgeber keine entsprechende Klarheit geschaffen habe.

 

Als Begründung wurde ausgeführt, dass die Tiere in reisenden Zirkusbetrieben nicht artgerecht gehalten werden können. Die Haltung und Zurschaustellung von Wildtieren im Zirkus bedeute bereits erhebliches Tierleid. Zwar gebe es bereits Leitlinien für die Wildtierhaltung in Zirkusbetrieben, diese seien aber nicht rechtverbindlich. Offensichtlich stehe eine Gesetzgebung des Bundestages aus.

 

Nach den Informationen der Bamberger Allianz haben bundesweit bereits über 70 Städte Verbote und Beschränkungen für reisende Zirkusbetriebe mit Wildtieren beschlossen. Im Wesentlichen gehe es darum, dass kommunale Flächen nur noch an Zirkusbetriebe vermietet werden, die keine Tiere wild lebender Arten, sogenannte Wildtiere, mitführen. Entsprechende Einschränkungen wurden gerichtlich bestätigt.

 

2. Auslegung:

Das Schreiben der Bamberger Allianz mit dem erklärten Ziel, keine Genehmigungen für Zirkusaufführungen mit Wildtieren auszusprechen, wird als Antrag zur „Widmungsbeschränkung“ für die Flächenvergabe an reisende Zirkusbetriebe mit Wildtieren verstanden, wobei der Begriff „Wildtier“ konkretisierungsbedürftig ist.

 

3. Flächen:

Es gibt derzeit in der Stadt Bamberg keinen gemeindlichen Veranstaltungsplatz oder eine entsprechend gewidmete Ersatzfläche.

 

Flächen Privater stehen nicht zur Disposition der Stadt Bamberg, so dass auf solchen Flächen jederzeit ein Zirkus gastieren kann, wenn die Flächen grundsätzlich geeignet sind.

 

In Frage kommen somit nur öffentliche Straßen, Wege und Plätze, Grünflächen oder fiskalisch verwaltete Flächen der Stadt Bamberg.

 

4. Aktuelles Prozedere:

In Deutschland tätige Zirkusunternehmen, die Wildtiere zur Schau stellen wollen, benötigen eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 Tierschutzgesetz (TierSchG). Um eine solche Genehmigung zu erhalten werden die Haltungsbedingen vor Ort von Fachleuten (Veterinären) untersucht. Ebenso benötigen die Tiertrainer entsprechend nachgewiesene Sach- und Fachkunde. Ohne die erforderliche Genehmigung nach dem Tierschutzgesetz ist es für einen Zirkus in Deutschland daher nicht möglich, Tiere zur Schau zu stellen.

 

Ein Zirkus mit Wildtieren muss die Genehmigung nach dem Tierschutzgesetz am Auftrittsort vorzeigen. Darüber hinaus wird der Zirkus von den örtlichen Veterinären in Augenschein genommen, ob die Haltung und der Zustand der Tiere im Hinblick auf den Tierschutz zu beanstanden ist. Sollte dies der Fall sein, müssen „kleine“ Mängel (z. B. Salzleckstein fehlt im Rindergehege) sofort abgestellt werden. Sind die Mängel entsprechend groß, bekommt der Zirkus u.U. keine Auftrittsgenehmigung (vgl. Ziffer 2) und einen entsprechenden Vermerk im Tierbestandsbuch. Des Weiteren werden die Behörden, bei denen das Zirkusunternehmen seinen Sitz hat, über die Tierschutzmängel unterrichtet. Im Zweifelsfall kann dem Zirkus die § 11 TierSchG-Genehmigung entzogen werden.

 

Im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) werden Gutachten/ Leitlinien über Mindestanforderungen an die Haltung von Tieren erarbeitet. Die Gutachten / Leitlinien sind zwar nicht rechtsverbindlich, sie unterstützen aber Tierhalter, zuständige Behörden und Gerichte bei der Entscheidung, ob eine Tierhaltung den Vorschriften des Gesetzes entspricht.

 

5. Hintergründe:

Die Beschäftigung mit dem Thema „Wildtierverbot im Zirkus“ offenbart einen bereits mehrjährigen Prozess auf Bundes- und Landesebene und kontroverse fachliche Standpunkte. Vor dem Hintergrund der Diskussionen über Tiere im Zirkus und der wiederholt vorgetragenen Forderung nach einem Verbot von „Wildtieren“ im Zirkus hat die Bundestierärztekammer in ihrer Stellungnahme vom 24.09.2016 (Anlage 3) betont, dass in JEDER Tierhaltung tierartspezifische Haltungsanforderungen zu erfüllen sind. Diese richten sich unabhängig vom Zweck der Haltung nach den artgemäßen Bedürfnissen. Darüber hinaus muss auch die Sachkunde der Tierhalter gewährleistet sein. Diese Grundsätze sind in § 2 TierSchG festgeschrieben und ihre Einhaltung ist auch für Zirkusbetriebe einzufordern.

 

Unter Berücksichtigung dieser Grundforderungen ist festzustellen, dass es im reisenden Zirkus systemimmanente Probleme mit der Haltung bestimmter Tierarten gibt. Zu nennen sind hier insbesondere klimatische Anforderungen, Anforderungen an bestimmte Umweltgegebenheiten oder Anforderungen an den Transport.

 

Unabhängig davon, ob es sich um domestizierte oder Wildtiere handelt, ist eine Tierhaltung, bei der die notwendigen Haltungsanforderungen nicht gewährleistet werden können, (auf dieser Grundlage) bereits jetzt verboten.

 

In den verschiedenen EU-Ländern gibt es unterschiedliche Verbote oder Einschränkungen für Zirkusunternehmen. In Deutschland ist diesbezüglich noch keine normative Regelung erfolgt.

 

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18.03.2016 eine Entschließung zum Verbot der Haltung bestimmter wild lebender Tierarten im Zirkus gefasst und die Bundesregierung gebeten, eine entsprechende Rechtsverordnung vorzulegen (Anlage 4). Dies ist bis jetzt nicht geschehen.

 

6. Beteiligungen:

Zum Antrag der Bamberger Allianz wurde das Veterinäramt gehört. Dieses hat mit E-Mail vom 29.12.2016 folgendes mitgeteilt:

 

„Bei der Zurschaustellung der angeführten Tierarten handelt es sich fast ausschließlich um Aufzucht bzw. Nachzuchttiere, die sich von Geburt an in menschlicher Betreuung befinden und dementsprechend auch andere Bedürfnisse aufweisen als Wildlebende.

 

Die tierschutzgerechte Unterbringung und Versorgung ist in den entsprechenden Leitlinien geregelt und wird von den Zirkusunternehmen in der Regel eingehalten. Im Falle einer Zuwiderhandlung werden die Gastspiele in Bamberg verboten (Bescheid: Tiger vor ca. 3 - 4 Jahren).

 

Das strenge Vorgehen in der Stadt Bamberg stellt einen ausreichenden Ersatz für ein generelles Verbot dar. Die prinzipielle Entscheidung über das Zurschaustellen von Tierarten im Zirkus, die normalerweise in der Wildbahn leben, sollte nicht Aufgabe einzelner Kreisverwaltungsbehörden sein, sondern eine gesamtdeutsche bzw. – europäische sein. Für diese Entscheidung bedient sich das Ministerium eines sehr speziell hierfür ausgebildeten Expertengremiums, welche alle Aspekte hinsichtlich Nachzucht, Haltung, Bedürfnisse, Tierschutz und Nahebringen solcher Tiere an die Bevölkerung sowie viele andere Überlegungen abwägt.

 

Die Besucherzahlen solcher Zirkusvorstellungen zeigen, dass es Wunsch vieler Menschen ist, diese zu erleben. Die Bedingungen hierfür müssen in jedem Fall eingehalten werden.“

 

Um auch die Argumente der Gegenseite zu hören, wurde der Verband deutscher Circusunternehmen um Darstellung der dortigen Sichtweise gebeten. Mit E-Mail vom 03.12.2016 hat der Verband Stellung genommen (Anlage 2). Nach dortiger Aussage können Wildtiere in reisenden Zirkusunternehmen sehr wohl tier- und artgerecht gehalten werden. Auch die Bundestierärztekammer käme zu dem Schluss, dass die Haltung einzelner Tierarten zwar besondere Erfordernisse mit sich bringe, diese aber durchaus mit entsprechendem Aufwand zu bewerkstelligen seien.

Des Weiteren gab man zu bedenken, dass ein Wildtierverbot über kurz oder lang die Situation der Tiere nur verschlechtern würde, da durch die ausbleibenden Einnahmen die Tiere von den Zirkusunternehmern nicht mehr ausreichend versorgt werden könnten.

 

Entsprechende Vorstöße wurden bereits in den Jahren 2003 und 2011 gemacht. Im Jahr 2003 wurde ein Verbot der Haltung von Affen, Großbären und Elefanten gefordert, im Jahr 2011 wurde diese Liste um Giraffen, Nashörner und Flusspferde erweitert. In den Begründungen der Bundesratsentschließungen heißt es: „Wildtiere sind nicht domestiziert und stellen daher häufig besonders hohe Ansprüche an ihre Unterbringung, Ernährung und Pflege, sowie an die Sachkunde des Halters“. Für bestimmte Tierarten sei eine artgerechte Haltung aufgrund des ausgeprägten körperlichen Bewegungsdrangs und ihres hochentwickelten Sozialverhaltens nicht möglich.

Die Bundesregierung erläuterte anlässlich einer Anfrage 2014 zur rechtlichen Situation: „Im Jahr 2013 wurde eine Ermächtigung in das Tierschutzgesetz aufgenommen, durch Verordnung das Zurschaustellen von Tieren wildlebender Arten an wechselnden Orten zu beschränken oder zu verbieten. Entsprechende Regelungen sind gemäß § 11 Absatz 4 des Tierschutzgesetzes aber nur dann möglich, wenn die Tiere der jeweiligen Art an wechselnden Orten nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden gehalten oder zu den wechselnden Orten nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden befördert werden können und diesen erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden durch andere Regelungen, insbesondere solche mit Anforderungen an die Haltung oder Beförderung der Tiere, nicht wirksam begegnet werden kann. Bislang konnte nicht belegt werden, dass es Tierarten gibt, für die diese Voraussetzungen vorliegen.

Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass die Haltung von Tieren bestimmter wildlebender Arten in Zirkusbetrieben aus der Sicht des Tierschutzes eine besondere Herausforderung darstellt. Sie wird die Situation daher weiter beobachten und gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen ergreifen.“ (BT-Drs. 18/2690)

 

Zutreffend sind die Informationen der Bamberger Allianz, wonach bereits bundesweit Städte Verbote und Beschränkungen für reisende Zirkusbetriebe mit Wildtieren beschlossen haben. Im Wesentlichen geht es darum, dass kommunale Flächen nur noch an Zirkusbetriebe vermietet werden, die keine Tiere wild lebender Arten, sogenannte Wildtiere, mitführen. Entsprechende Einschränkungen wurden – auch in Bayern - gerichtlich bestätigt.

 

Als Beispiel sei Erlangen genannt:

 

Der Stadtrat beschloss im April 2015, ein bundesweit einheitliches und generelles Verbot von Wildtieren in reisenden Zirkussen zu unterstützen. Hierzu sollte sich der Oberbürgermeister an die Gremien des Deutschen Städtetages wenden mit dem Ziel, die Bundesregierung aufzufordern, ein bundesweites Wildtierverbot in Zirkussen festzulegen. Bis ein einheitliches und generelles Verbot auf Bundesebene festgelegt wird, sollen in Erlangen Genehmigungen auf öffentlich gewidmeten oder im Besitz der Stadt Erlangen oder ihrer Töchter befindlichen Flächen nur an Zirkusse vergeben werden, die keine Wildtiere mit sich führen. Der Begriff „Wildtiere“ wird wie folgt definiert: Alligatoren, Krokodile, Antilopen, antilopenartige Tiere, Amphibien, Delfine, Tümmler, Flamingos, Raubtiere, Beuteltiere, Robben, Strauße, Flusspferde, Giraffen, Greifvögel, Affen, Nashörner, Pinguine, Riesenschlangen, Elefanten, Wildformen von Wiederkäuern und pferdeartigen Tieren.

 

7. Bewertung:

Private Flächen Dritter stehen nicht zur Disposition der Stadt Bamberg. Eine in Abhängigkeit von den Eigentumsverhältnissen erfolgende Ungleichbehandlung im Stadtgebiet sollte vermieden werden. Ein Zirkus mit Wildtieren auf städtischer Fläche wäre von der Widmungbeschränkung betroffen, ein Zirkus, der eine entsprechende Privatfläche anmietet, jedoch nicht. Vor dem Hintergrund der unklaren weiteren Entwicklung auf Bundesebene und der Tatsache, dass aufgrund der bereits vorhandenen Rechtslage ein Handeln der Behörde – unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - im Sinne der Gleichbehandlung und insbesondere des Tierschutzes möglich ist, wird seitens der Verwaltung eine Widmungsbeschränkung für öffentliche Flächen abgelehnt.

 

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II. Beschlussvorschlag

II.Beschlussvorschlag:

 

  1. Der Sitzungsvortrag dient zur Kenntnis.
  2. Ein Verbot von Zirkusaufführungen mit Wildtieren dergestalt, dass Widmungsbeschränkungen für öffentliche Flächen der Stadt Bamberg erlassen werden, wird abgelehnt.
  3. Der Antrag der Stadtratsfraktion Bamberger Allianz vom 22.11.2016 ist damit geschäftsordnungsmäßig behandelt.

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

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