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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Berichtsvorlage - VO/2019/2493-BPÖ

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Beratungsfolge

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I. Sitzungsvortrag:

 

Seit rund einem Vierteljahrhundert gibt es Regelungen und Verordnungen von Bund und Ländern zur geschlechtergerechten Verwendung der deutschen Sprache, erlassen von Parlamenten und Regierungen.

 

Die Stadt Bamberg hat im Jahr 2014 die Allgemeine Dienstordnung der Stadt Bamberg (ADO) hinsichtlich der geschlechtergerechten Sprache ergänzt und durch die Gleichstellungstelle einen entsprechender Leitfaden herausgegeben. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind seither dazu angehalten, dies umzusetzen.

 

Im vergangenen Jahr wurde vom Duden-Verlag ein offizieller Ratgeber "Richtig gendern" veröffentlicht, in dem Tipps und sprachliche Hintergründe zur Umsetzung einer angemessenen Berücksichtigung verschiedener Geschlechter beim Formulieren vermittelt werden, gerade auch, wenn es darum geht, die erwähnten Verordnungen umzusetzen. Die beiden Autorinnen Gabriele Diewald und Anja Steinhauer, beides Linguistinnen, geben darin fundierte und differenzierte Empfehlungen.

Auch der Rat für deutsche Rechtschreibung, der den Ländern ja die Regelungen für die amtliche Schreibweise von Wörtern vorschlägt, hat sich 2018 ausführlich mit dem Thema "geschlechtergerechte Schreibung" befasst. Die Empfehlungen des Rechtschreibrats sind dieser Antwort beigefügt.

Unabhängig davon ist diesem Brief, die Rundmail der Stadt vom 19. Mai 2019 angehängt, in der, basierend auf dem derzeitigen Anwendungsstand und ergänzend dazu, verbindliche Regelungen für die Verwendung gendergerechter Sprache in der Verwaltung vorgeschlagen werden.  Ich verweise auf die zentrale Aussage: „In Pressemitteilungen und im Internet verwenden wir zunächst weiterhin die Formulierung „Bambergerinnen und Bamberger“. Dies vor allem nicht zuletzt deswegen, weil gängige Vorleseprogramme (Stichwort „Barrierefreiheit im Internet und bei digitalen Texten“) weder das Binnen-I, noch die „Gender-Gap“, noch das „Gender-Sternchen“ umsetzen können. (…) Innerhalb dieser beiden Ordnungen empfehle ich jedoch, in Anlehnung an den Rechtschreibrat und im Einvernehmen mit dem Deutschen Städtetag, immer einen Blick auf die jeweilige Zielgruppe und Öffentlichkeitswirksamkeit zu werfen. Schlichtes Beispiel: Im Sozialbereich sollte sicherlich am allermeisten auf geschlechtergerechte Schreibung Wert gelegt werden (die Kollegen*innen aus allen anderen Bereichen mögen entschuldigen).

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass auch in der Sprachwissenschaft immer wieder Kritik am Gendern geäußert wird. Dabei geht es im Wesentlichen um zwei Punkte: Genus habe, erstens, nichts mit Sexus zu tun, also das grammatische nichts mit dem biologischen Geschlecht. Zweitens beziehen sich Personenbezeichnungen im Maskulinum nicht nur auf Männer, sondern auf beide Geschlechter gleichermaßen. Dies nennt man das "generische" Maskulinum.

Sehr dezidiert analysieren dies Prof. Dr. Henning Lobin und Prof. Dr. Damaris Nübling  in einem vielbeachteten Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung vom 7. Juni 2018: „Beide Erkenntnisse sind eng miteinander verflochten und bilden den Dreh- und Angelpunkt einer jeden Kritik an geschlechtergerechter Sprache. Wenn das Genus nichts über das Geschlecht sagt, sollten Frauen kein Problem damit haben, im Maskulinum angesprochen zu werden - und Ausdrücke im generischen Maskulinum wie "der Wähler" stellen aufgrund der Unmarkiertheit des Sexus ohnehin keinen präzisierungsbedürftigen Fall dar. Leider gibt es mit diesen Erkenntnissen ein nicht ganz unwichtiges Problem: Beide sind sie nämlich falsch.

Dass etwas mit der "Genus ist nicht Sexus"-These nicht stimmen kann, sieht man schon daran, dass das Genus in bestimmten Fällen das einzige Mittel ist, das natürliche Geschlecht zu bezeichnen. Substantivierte Adjektive werden allein durch das Genus auf Männer oder Frauen bezogen: die Kranke gegenüber der Kranke. Viel wichtiger ist aber, dass in der Linguistik längst der Nachweis erbracht wurde, dass das Genus direkte Auswirkungen auf die Vorstellung von Sexus hat, und zwar konkret auf die Wahrnehmung. Grundlegend dafür ist die Erkenntnis, dass Personenbezeichnungen wie Terrorist, Spion, Physiker, Lehrer, Erzieher, Florist oder Kosmetiker ein sogenanntes soziales Geschlecht aufweisen, das unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Es leitet sich aus dem realen Geschlechteranteil ab und aus Stereotypen, die man der jeweiligen Personengruppe zuschreibt. Bei diesen Beispielen nimmt der männliche Anteil vom Terroristen bis zum Kosmetiker in diesem Sinne beispielsweise ab.“

Schaut man genauer hin, dann bestätigt sich auf geradezu frappierende Weise, wie sehr Sprache und die darin markierten Geschlechterrollen uns beeinflussen , also die sozialen Erwartungen daran, wie sich die Geschlechter zu verhalten haben. „Dass es sich dabei um Reflexe alter, heute weitgehend überkommener Geschlechterordnungen handelt, liegt auf der Hand - dennoch haben sich diese Verhältnisse grammatisch verfestigt. Tief in der Sprache genauer: in solchen Genusszuweisungen lebt die alte Geschlechterordnung fort. Genus verweist also nicht nur auf Sexus, es leistet noch viel mehr: Es verweist auf soziale Erwartungen an die Geschlechter (Gender) und damit auf Geschlecht im umfassenden Sinn.“

Vor diesem Hintergrund ist es also nicht nur ein Gebot der Höflichkeit, mit und über Menschen in der öffentlichen Kommunikation so zu sprechen, dass Männer und Frauen explizit benannt sind. Es ist darüber hinaus geradezu eine demokratische Pflicht, die Entfaltung von Chancengleichheit und -gerechtigkeit nicht schon durch die Ablehnung geeigneter sprachlicher Mittel zu behindern. "Das generische Maskulinum macht Frauen besser unsichtbar als jede Burka", hat Luise Pusch einmal gesagt.

Es ist ein Wunsch der Gesellschaft die verschiedenen Gruppen unserer pluralistischen Gesellschaft sichtbar zu machen. Nicht jedem Wunsch nach Sichtbarkeit kann mit sprachlichen Mitteln adäquat begegnet werden. Gerade das Genus-System jedoch ist darauf zugeschnitten, eindeutig auf Männer und Frauen zu verweisen. Deshalb ist und bleibt der Gebrauch geschlechtergerechter Sprache eine einfache, direkte und wirkungsvolle Möglichkeit, an der Gleichstellung der Geschlechter mitzuwirken. Hier hat in unserer Wahrnehmung eine Verwaltung eine absolute Vorbildfunktion.

Wir geben auch zu bedenken, dass sich zuletzt die AfD beim Einzug im Deutschen Bundestag dieses Themas bemächtigt hat. Im Programm der Partei wird an mehreren Stellen die Abschaffung des "Genderns" gefordert. Zusammen mit der Kritik an englischen Fremdwörtern und der Verwendung des Englischen in Wirtschaft und Wissenschaft bildet dies die Begründung für die Forderung nach Aufnahme des Deutschen als Landessprache ins Grundgesetz.

Über einen entsprechenden Gesetzentwurf der AfD-Fraktion hat der Bundestag am 2. März 2018 tatsächlich debattiert und diesen später mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Ein Bekenntnis zum Kulturgut Deutsche Sprache ist sicherlich nicht schlecht, ein damit einhergehendes Bekenntnis gegen die gendergerechte und sensible Sprache im Umgang mit allen Menschen allerdings in meiner Wahrnehmung schädlich und dem Ruf der Stadt Bamberg nicht angemessen.

An gendergerechter Sprache (wie auch immer sie aussieht) kann man heute aus unserer Sicht nicht mehr vorbeikommen und das Rad nicht einfach zurückdrehen. Die Ansprache und Benennung verschiedener Geschlechter scheint mir heute wichtig und notwendig. Wie sie dann realisiert wird, ist eine andere Frage. Binnengroßschreibung wie Sonderzeichen in einem Wort gibt es in unserer Orthographie nicht, weshalb sie auch immer wieder der Kritik ausgesetzt sind. Die Doppelnennung ist dagegen regelkonform, aber natürlich weder ökonomisch und noch gerade elegant (Bambergerinnen und Bamberger). Sie ist aber zu bevorzugen. Man kann sich gegen bestimmte Verfahren der Umsetzung wenden, aber nicht mehr gegen gendergerechte Sprache.

 

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II. Beschlussvorschlag

II. Beschlussvorschlag:

 

  1. Der Bericht der Verwaltung hat zur Kenntnis gedient.

 

  1. Der Antrag der CSU-Stadtratsfraktion vom 20.05.2019 ist damit geschäftsordnungsmäßig behandelt.

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

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