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ALLRIS - Vorlage

Berichtsvorlage - VO/2020/3470-50

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Beratungsfolge

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I. Sitzungsvortrag:

 

 

Wer gilt als arm? Armutsdefinitionen

 

Um zu versuchen, Existenz und Ausmaß von Altersarmut zu beschreiben, muss zunächst definiert werden, was unter Armut verstanden wird. Es gibt unterschiedliche Maßzahlen und Messverfahren, um Kriterien für Armut zu definieren. Wir beziehen uns hier auf eine „ökonomische“ Armut.

 

In wohlhabenden Gesellschaften geht es bei Armutsgefährdung in der Regel nicht um existenzielle Armut (wie oftmals in Entwicklungsländern), sondern um eine relative Armut. Deshalb werden Grenzen festgelegt, die arme von nicht armen Menschen unterscheiden sollen.

 

Zwei gängige Definitionen von (finanzieller) Armut sind:

 

  1. Definitionsansatz ausgehend vom Haushaltseinkommen:

Die Armutsrisikoquote/Armutsgefährdungsquote ist eine Kennziffer für eine relativ niedrige Position in der Einkommensverteilung: Sie misst den Anteil der Personen, deren bedarfsgewichtetes Nettoeinkommen unter 60% des mittleren Einkommen (nicht Durchschnittseinkommen) der gesamten Gesellschaft liegt.

Im Jahr 2018 waren das laut Bundesamt in Deutschland Personen, deren Nettoeinkommen unter 1.136 Euro im Monat lag (Schwellenwert für Armutsgefährdung für eine alleinlebende Person).

Die Armutsrisikoquote gibt auch keine Information über den Grad individueller Bedürftigkeit (soziokulturelles Existenzminimum). Ebenso bleiben andere Ressourcen (Vermögen, Bildung, Gesundheit usw.) unberücksichtigt.

 

  1. Definitionsansatz ausgehend von einer gesetzlichen Festlegung:

Es gibt den politisch normativ bestimmten Betrag zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums: Wenn das Einkommen der Bürger und Bürgerinnen nicht ausreicht, diesen Betrag zu erreichen, erhalten sie staatliche Unterstützung [Zweite Sozialgesetzbuch (SGB II – Grundsicherung für Arbeitssuchende) und Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII – Hilfe zum Lebensunterhalt/Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung].

Ältere Menschen mit wenig oder keinem Einkommen erhalten z.B. Grundsicherung im Alter. Menschen, die auf diese staatlichen Leistungen angewiesen sind, gelten ebenfalls als arm.

(Quelle Statistisches Bundesamt (Destatis) 2020)[1]

 

 

 

Annäherung an (Alters-)Armut über Haushaltseinkommen

 

In Deutschland sind  16 % der Bevölkerung von Armut bedroht. Mit 18,2 % lag die Armutsgefährdungsquote für Personen ab 65 Jahren über diesem Durchschnittswert. Acht Jahre zuvor hatte die Quote dieser Altersgruppe bei 14,1 % gelegen (Schwellenwert für Armutsgefährdung lag damals bei 940 Euro im Monat).

 

Das Durchschnittseinkommen der Personen ab 65 Jahren war in diesem Zeitraum weniger stark gestiegen (+18 %) als das mittlere Nettoeinkommen der Gesamtbevölkerung (+21 %). Der Anstieg des Durchschnittseinkommens älterer Menschen reichte also nicht aus, um die gleichzeitige Zunahme des mittleren Nettoeinkommens der Gesamtbevölkerung und der damit einhergehenden Steigerung des Schwellenwertes zu kompensieren. Daher nahm der Anteil der armutsgefährdeten Älteren im Zeitverlauf zu, obwohl auch in dieser Gruppe das Durchschnittseinkommen wuchs. Für Personen ab 75 Jahren lag die Armutsgefährdungsquote bei 15,6 % (2010: 12,3 %).

(Quelle Statistisches Bundesamt (Destatis) 2020)[2]

 

 

 

Annäherung an (Alters-)Armut über Grundsicherung im Alter

 

Bereits im Jahr 2003 hat der Gesetzgeber die Gefährdung bei der Altersarmut erkannt und erste Schritte unternommen. Mit der bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als eigenständige soziale Leistung, neben dem damals noch gültigen Bundessozialhilfegesetz (BSHG), wurde versucht, den grundlegenden Bedarf für den Lebensunterhalt älterer und dauerhaft voll erwerbsgeminderter Personen sicherzustellen.

 

Die bedarfsorientierte Grundsicherung wurde dann mit der Einführung des SGB II und des SGB XII im Jahr 2005 in die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem IV. Kapitel des Sozialgesetzbuchs XII überführt.

 

Die Zahl der Empfänger und Empfängerinnen von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist seit Einführung stark angestiegen, auch die Empfängerquoten gemessen an der jeweilige Gesamtbevölkerung steigen stetig an: Die Quote für Personen ab der Regelaltersgrenze (65plus) hat sich fast verdoppelt. Sie liegt 2018 bei 3,2 %, wobei Frauen stärker als Männer auf diese Leistung zurückgreifen müssen (siehe Anlage 1, Abbildung 1).

 

 

 

 

Fakten zur Altersarmut[3]

 

  • Im Alter sind Frauen stärker von Altersarmut betroffen als Männer.
  • Alleinstehende ältere Menschen tragen ein höheres Armutsrisiko als ältere Menschen in einer Partnerschaft.
  • Ältere Migrantinnen Migranten  haben ein höheres Armutsrisiko als ältere Menschen ohne Migrationshintergrund.
  • Die Gefahr von Altersarmut hat seit 2005 in Deutschland kontinuierlich zugenommen.

 

Mögliche Ursachen zur Altersarmut (alphabetisch)

 

  • Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus
  • Erwerbstätigkeit mit geringer Entlohnung oder nicht-sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse
  • Gesundheitszustand
  • mangelnde private Altersvorsorge, insbesondere bei Selbständigen
  • Nichtinanspruchnahme von Sozialleistungen (z. B. aus Scham, Unwissenheit…)
  • steigende Mieten – höhere Lebenserhaltungskosten insgesamt
  • Trennung vom Partner / traditionelle Rollenverteilung
  • unterbrochene Erwerbsverläufe durch Arbeitslosigkeit oder vorübergehende Erwerbsunfähigkeit
  • Wegbrechen traditioneller Versorgungssystemen (familial, nachbarschaftlich…)

 

Aktuelle Situation in Bamberg
 

Die Stadt Bamberg hat aktuell (2018) ca. 15.000 gemeldete Personen im Alter 65 Jahre und älter. Nach Berechnungen des Landesamts für Statistik wird diese Altersgruppe in den nächsten ca. 20 Jahren (2037) um mehr als ein Viertel auf ca. 19.000 gemeldete Personen ansteigen (siehe Anlage 1; Abbildung 2).

 

Daten zur Armutsrisikoquote/Armutsgefährdungsquote liegen auf städtischer Ebene nicht vor. Für die Region Oberfranken-West (regionaler Planungsverband: kreisfreien Städte Bamberg und Coburg sowie die Landkreise Bamberg, Coburg, Forchheim, Kronach und Lichtenfels) lag die Armutsgefährdungsschwelle auf Basis des Haushaltsnettoeinkommens 2018 bei 1.052 Euro (siehe Anlage 1, Abbildung 3).

 

Seit Einführung der Leistung ist die Anzahl der Grundsicherungsempfänger- und empfängerinnen in Bamberg gestiegen: allein seit 2011 bei den Grundsicherungsempfängern und- empfängerinnen im Alter um ein Drittel (32%) (siehe Anlage 1, Abbildung 4).

 

Die Quote der Grundsicherungsempfänger und –empfängerinnen im Alter an der Altersklasse 65 Jahre und älter liegt in Bamberg (2018) bei 4,2 %, damit deutlich höher als in Gesamtbayern (2,8 %) oder Deutschland (3,1%) (siehe Anlage 1, Abbildung 5). Anders ausgedrückt: in Bamberg kommen auf 1.000 gemeldete Personen im Alter 65plus aktuell 42 Grundsicherungsempfänger und-empfängerinnen. In den letzten Jahren ist diese Lastquote in der Stadt Bamberg stetig gewachsen. Bei Frauen liegt die Lastquote auch in der Stadt Bamberg gemäß der höheren Armutsgefahr im Alter höher als bei Männern (siehe Anlage 1, Abbildung 6).

 

Im regionalen Vergleich zeigt sich, dass regionale kreisfreie Städte (aufgrund ihrer Einrichtungsdichte und Bevölkerungsstruktur, größerem Anteil Alleinerziehender und Ein-Personenhaushalte usw.) höhere Lastquoten aufweisen als Landkreise. Die Stadt Bamberg liegt aktuell mit 42 Empfängern auf 1.000 Wohnende (2018) hinter Coburg und Fürth, vor Hof, Bayreuth oder Würzburg (siehe Anlage 1, Abbildung 7).

 

Betrachtet man die Grundsicherungsempfänger und –empfängerinnen über 65 Jahren in Alten- und Pflegeeinrichtungen der Stadt Bamberg, zeigt sich, dass 29 % auf zusätzliche Transferleistungen angewiesen sind, d. h. jeder dritte Bewohner bzw. Bewohnerin kann die Kosten nicht aus Leistungen der Rente, Unterhalt, Pflegekassenleistungen oder Vermögen etc. bestreiten (siehe Anlage 1, Tabelle 1).

 

Darüber hinaus können neben den Personen, die Grundsicherung beziehen, auch Wohngeldempfänger bzw. –empfängerinnen als finanziell eingeschränkt betrachtet werden: Wohngeld hat den Zweck, den Wohnraum wirtschaftlich zu sichern. Ob Wohngeld gezahlt wird, hängt von der Anzahl an Personen im Haushalt, der zu zahlenden Miethöhe sowie dem Bruttoeinkommen des gesamten Haushalts ab. Personen, die Grundsicherung im Alter beziehen, sind von Bezug vom Wohngeld ausgeschlossen.

 

Für Personen über 65, die Wohngeld beziehen, stehen nur Daten für das Jahr 2019 zur Verfügung: hier werden 179 Personen im Alter 65 und älter im Leistungsbezug ausgewiesen.

 

Aus der Armuts- und Sozialhilfeforschung ist bekannt, dass ein erheblicher Teil der Bezugsberechtigten von dem Recht auf aufstockende Grundsicherungsleistungen keinen Gebrauch macht, deswegen bleiben z. B. bei der Betrachtung von Transferleistungen (Grundsicherung, Wohngeld etc.) im Alter alle Personen über 65 Jahre, welche eine Rente unterhalb des jeweiligen Schwellenwertes von der Armutsgefährdung beziehen und keine zusätzlichen Transferleistungen erhalten, unberücksichtigt. Hier liegt uns aktuell keine Auswertung bzw. Datenbank vor, über welche das verfügbare Renten-/Einkommen ausgewertet werden kann.

 

 

 

Ausblick

 

Um lokale Indikatoren zur Messung möglicher (Alters-)Armut (monetäre Unterstützung im Sinne der Grundsicherung im Alter, Grundsicherung für Arbeitssuchende - SGB II-Bezüge usw.), demographische Entwicklungen (Familienstand, Haushaltszusammensetzung, Migrationshintergrund, Alleinerziehende usw.), Altersstrukturen und Entwicklungen in der Stadt Bamberg kleinräumig zu betrachten, in Bezug zu setzen und langfristig messen zu können, erarbeitet die Sozialplanung (Amt 52) aktuell ein Konzept zur Etablierung einer kleinräumigen Sozialberichterstattung und eines fortlaufenden Sozialmonitorings (vgl. TOP 7 – Kommunale Sozialberichterstattung und kleinräumiges Sozialmonitoring)

 

 

 

 


[3] Vgl. Bertelsmann-Stiftung (2017): Entwicklung der Altersarmut bis 2036 Trends, Risikogruppen und Politikszenarien; unter  https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/Entwicklung_der_Altersarmut_bis_2036.pdf

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II. Beschlussvorschlag

 

II. Beschlussvorschlag:

 

Der Familien- und Integrationssenat nimmt von den Berichten Kenntnis.

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

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Anlagen

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