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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2021/3870-R6

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Beratungsfolge

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I. Sitzungsvortrag:

 

Vorgang

 

Der Bayerische Landtag hat in seiner Sitzung am 02.12.2020 das „Gesetz zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus“ verabschiedet. Das Gesetz ist am 30.12.2020 im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet worden. Kerninhalt ist eine abermalige Änderung der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Das Gesetz wird bereits am 01.02.2021 in Kraft treten.

 

 

Abstandsflächenrecht

 

Ein zentraler Inhalt der neuen BayBO ist ein geändertes Abstandsflächenrecht. Es legt nunmehr eine generelle Verkürzung der Abstandflächen von bisher 1,0 H auf 0,4 H, in Gewerbe- und Industriegebieten von 0,25 H auf 0,2 H (H = Wandhöhe des jeweiligen Bauwerks), mindestens jedoch 3 Meter, fest. Da die Verkürzung für alle Gebäudeseiten gilt, wird künftig auf das sogenannte Schmalseitenprivileg verzichtet, das vor zwei Außenwänden mit weniger als 16 m Länge bisher nur ein halbes „H“ als Abstandflächentiefe verlangte. Damit sollen die rechtlichen Grundlagen für eine, auch aus stadtplanerischer Sicht grundsätzlich zu unterstützende, stärkere Nachverdichtung geschaffen werden.

 

Da aber die Novellierung keine Differenzierung nach verschiedenen Gebiets- oder Gebäudetypologien vornehmen kann, werden zum 01.02.2021 pauschal und ohne Bezug auf die jeweils maßgebende Örtlichkeit sehr große Ausnutzungspotentiale eröffnet, die nicht unbedingt zu einer Verbesserung oder Erhöhung der Wohnqualität führen dürften, sondern im Gegenteil zu einer Verschlechterung.

 

Im Wissen um diese Problematik hat der Gesetzgeber mit dem neuen Abstandsflächenrecht den Gemeinden zugleich auch eine Satzungsbefugnis zur Festlegung abweichender Abstandflächentiefen bis zu 1 H an die Hand gegeben, damit die Gemeinden hier durch Satzungserlass steuernd eingreifen können.

 

Der Gesetzgeber hat zudem erkannt, dass die Gemeinden in die Gefahr der Entschädigungspflicht hinein geraten könnten, wenn eine durch Gesetz geringe Abstandsfläche zu einem späteren Zeitpunkt über gemeindliche Satzung (Abstandsflächensatzung oder Bebauungsplan) durch eine größere Abstandsfläche ersetzt wird und also potentielle Bauerwartungen nachträglich vermindert werden. Deshalb tritt jener Gesetzesartikel, welcher die Gemeinden ermächtigt, Abstandsflächensatzungen zu erlassen, bereits am 15.01.2021 in Kraft. Der Bayerische Landtag hat hier also den Gemeinden ein Zeitfenster vom 15.01.2021 bis 31.01.2021 gegeben, um genau in dieser Zeit eine Abstandsflächensatzung vorsorglich zu beschließen und bekannt zu machen.

 

Zur Wahrung des Rechtsfriedens und um Entschädigungsdiskussionen von vornherein zuvor zu kommen, empfiehlt die Stadtverwaltung dringlich, genau in diesem Zeitfenster eine entsprechende Satzung zu beschließen, bekannt zu machen und zum 01.02.2021 in Kraft treten zu lassen.

 

In einem ersten Schritt wird damit der Status quo auf der bauordnungsrechtlichen Ebene fortgeführt, um zunächst zuallererst den Wohnfrieden und den Rechtsfrieden zu sichern.

 

In weiteren Schritten ist dann – nach fundierter, fachlicher Aufbereitung durch die Verwaltung – mit den zuständigen politischen Gremien zu diskutieren, ob, in welchem Umfang und in welchen Bereichen eine Verkürzung der Abstandflächen erfolgen soll. Diese fachliche Aufbereitung ist unmöglich zwischen 30.12.2020 und Fertigstellung dieser Sitzungsvorlage leistbar. Nachverdichtung ist sinnvoll und wird schon immer von der Stadt Bamberg angestrebt. Sie muss aber in jedem einzelnen Bauquartier genau untersucht werden und wird wahrscheinlich nicht überall zu genau identischen maßlichen Schlussfolgerungen führen.

 

Im Übrigen bestand auch bisher schon und besteht auch weiterhin parallel zur neuen Abstandsflächensatzung die Möglichkeit durch die Aufstellung von Bebauungsplänen für verdichtete Bauformen die in der Abstandsflächensatzung geregelten Abstandsflächen zu verkürzen.

 

 

Formale Begründung der Abstandsflächensatzung

 

Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 lit. a BayBO eröffnet Gemeinden die Möglichkeit, das Abstandsflächenrecht abweichend von der gesetzlichen Regelung zu gestalten, wenn dies die Erhaltung des Ortsbildes im Gemeindegebiet oder in Teilen des Gemeindegebiets bezweckt oder der Verbesserung und Erhaltung der Wohnqualität dient.

 

Nach der Rechtsprechung beschränkt sich die Regelungskompetenz des Bauordnungsrechts bei der abweichenden Bestimmung von Abstandsflächen auf im weiteren Sinne sicherheitsrechtliche Zielsetzungen. Abstandsflächen können zur Sicherstellung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung der Baugrundstücke, zur Sicherstellung von Flächen für Nebenanlagen, zur Herstellung des Wohnfriedens und Sicherstellung des Brandschutzes abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen geregelt werden. In Bezug auf das Ortsbild sind nur gebäudebezogene Regelungen zulässig, die sich mittelbar auf die Gestaltung des Ortsbildes auswirken.

 

Die vorliegende Satzung wird im Rahmen dieser Ermächtigungsgrundlage maßgeblich zur Erhaltung der Wohnqualität erlassen.

 

Im Stadtgebiet der Stadt Bamberg sind nach wie vor viele Bereiche nicht mit Bebauungsplänen überplant und beurteilen sich planungsrechtlich nach § 34 BauGB. Darüber hinaus sind in Bebauungsplänen zum Teil großzügige Bauräume festgelegt. In diesen Bereichen wird der Abstand von Baukörpern zueinander im Wesentlichen durch das Abstandsflächenrecht geregelt. Der hohe Siedlungsdruck im Stadtgebiet und die immer weiter steigenden Grundstückspreise werden daher dazu führen, dass die Mindestmaße der gesetzlich festgelegten Abstandsflächen weitestgehend ausgenutzt werden. Damit wird sich die Wohnqualität im Stadtgebiet jedenfalls dann nachteilig ändern, wenn keine differenzierte Betrachtung der jeweiligen städtebaulichen Bezugsgröße erfolgt. Eine deutliche Nachverdichtung wird auch nachteilige Auswirkungen auf den Wohnfrieden haben.

 

Die Wohnqualität ist im Stadtgebiet in vielen Bereichen durch größere Abstände zwischen den Gebäuden geprägt. Abstand zum Nachbarn und Freibereiche um die Gebäude stellen einen wesentlichen Bestandteil der Wohnqualität dar, insbesondere auch für Kinder. Die Stadt möchte mit dieser Satzung die Wohnqualität, die durch größeren Abstand zwischen den Gebäuden geprägt ist, erhalten und gegebenenfalls im Rahmen der Neubebauung von Grundstücken verbessern. Dies führt auch zu einer Verbesserung von Belichtung, Belüftung und Besonnung der Baugrundstücke, gegebenenfalls auch zu einer Verbesserung des Brandschutzes.

 

Der Gesetzgeber legt mit der Neuregelung der Abstandsflächen in Art. 6 Abs. 5 BayBO die Untergrenze des zulässigen Gebäudeabstands fest. Die Stadt möchte für ihr Gemeindegebiet höhere Standards als die vom Gesetzgeber vorgesehenen Mindestanforderungen festlegen.

 

Gleichzeitig werden über größere Abstandsflächen auch notwendige Flächen für Nebenanlagen gesichert. Der Bedarf an Flächen zur Unterbringung von Gartengeräten, Spielgeräten für Kinder, von Fahrrädern und natürlich von Kfz ist dabei zu berücksichtigen. Durch die Verlängerung der Abstandsflächen wird auch diesbezüglich ausreichend Raum auf den Baugrundstücken gesichert.

 

Die Stadt bezieht in ihre Überlegungen durchaus ein, dass der Gesetzgeber mit der Abstandsflächenverkürzung eine Innenverdichtung und eine Verringerung der neuen Inanspruchnahme von Flächen beabsichtigt. Die Stadt hält aber die Erhaltung und Verbesserung der Wohnqualität in ihrem Gemeindegebiet für vorrangig. Dem Gebot der Innenverdichtung kann auch durch ein höheres Maß baulicher Nutzung entsprochen werden, etwa durch höhere Gebäude, welche die Abstandsflächen einhalten. Dies wird die Stadt in ihren Planungen berücksichtigen.

 

In Bezug auf den Geltungsbereich hat sich die Stadt dazu entschieden, die abweichenden Abstandsflächen im gesamten Gemeindegebiet anzuordnen. Zwar gibt es im Stadtgebiet unterschiedliche Siedlungsstrukturen und Bauweisen. Die oben genannten Ziele sollen aber generell im Stadtgebiet verfolgt werden und damit auch Grundlage der Abstandsflächenbemessung sein. Im Einzelfall ist eine Korrektur über Abweichungen möglich. Für die sich insbesondere unterscheidenden Gewerbe-und Kerngebiete sowie Außenbereichsvorhaben soll die Satzung ohnehin keine Anwendung finden.

 

Die Stadt Bamberg ist sich auch bewusst, dass die Verlängerung der Abstandsflächen gegenüber der gleichzeitig in Kraft tretenden gesetzlichen Verkürzung der Abstandsfläche Auswirkungen auf die Erwartungshaltungen bezüglich der bauliche Ausnutzbarkeit von Grundstücken haben kann und damit auch Eigentümerinteressen betroffen werden können. Die Aufrechterhaltung einer ausreichenden Wohnqualität im Stadtgebiet rechtfertigt indes die Aufrechterhaltung der bisher bereits bestehenden Eigentumseinschränkungen. Das vorzeitige Inkrafttreten des Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 der BayBO hat der Gesetzgeber genau aus diesem einen Grunde vorgesehen, – den Gemeinden den Erlass einer Abstandsflächensatzung zur Fortführung des Status Quo zu ermöglichen.

 

 

Antrag

 

Es wird beantragt, nachfolgende „Satzung der Stadt Bamberg über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe“ für das gesamte Gemeindegebiet zu erlassen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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II. Beschlussvorschlag

II. Beschlussvorschlag:

 

  1. Der Bau- und Werksenat nimmt den Sitzungsvortrag zur Kenntnis

 

  1. Der Bau- und Werksenat beschließt folgende

 

Satzung der Stadt Bamberg über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe

(AFS vom 20. Januar 2021)

Die Stadt Bamberg erlässt auf Grund von Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 lit. a der Bayerischen Bauordnung (BayBO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2007 (GVBL. S. 588, BayRS 2132-1-B) die zuletzt durch Bekanntmachung vom 30. Dezember 2020 (GVBl. S. 663) geändert worden ist, folgende Satzung:

§ 1 Geltungsbereich

 

Die Satzung gilt für das gesamte Gemeindegebiet.

 

§ 2 Abstandsflächentiefe

 

Abweichend von Art. 6 Abs. 5 S. 1 BayBO beträgt die Abstandsfläche im Gemeindegebiet außer

 

  1. in Gewerbe-, Kern- und Industriegebieten im Sinne der Bau NVO
  2. im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB

 

1 H, mindestens jedoch 3 m (H = Wandhöhe im Sinne der BayBO).

Vor bis zu zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge genügen in diesen Fällen 0,5 H, mindestens jedoch 3 m, wenn das Gebäude an mindestens zwei Außenwänden Satz 1 beachtet.

 

§ 3 Bebauungspläne

 

Abweichende, in Bebauungsplänen oder anderen Abstandsflächensatzungen festgesetzte Abstandsregeln bleiben unberührt.

Ist in Bebauungsplänen festgesetzt, dass die Abstandsflächen-Regelungen der BayBO einzuhalten sind, so gelten die Regelungen der hier vorliegenden Satzung.

 

§ 4 Inkrafttreten

 

Die Satzung tritt am 1.Februar 2021 in Kraft.

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

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