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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2022/5542-30

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Beratungsfolge

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I. Sitzungsvortrag:

 

  1. Antrag auf Aufhebung der Sperrzeitverordnung der Stadt Bamberg vom 05.05.2022:

 

Mit Schreiben vom 05.05.2022 beantragt die Stadtratsfraktion GRÜNES BAMBERG die Aufhebung der Sperrstunde. Der Antrag ist nach ergänzender Mitteilung der Antragstellerin als Antrag auf Aufhebung der Sperrzeitverordnung der Stadt Bamberg zu verstehen. Der Antrag ist als Anlage 1 beigefügt.

 

  1. Behandlung des Antrags:

 

2.1 Rechtlicher Rahmen:

 

 Die allgemeine Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten beginnt gemäß § 18 GastG i.V. mit § 7 Abs. 1 BayGastV um 05:00 Uhr und endet um 06:00 Uhr (sog. Putzstunde). Nach § 8 Abs. 1 BayGastV können die Gemeinden eine abweichende Sperrzeit per Rechtsverordnung festlegen, wenn und soweit dies aufgrund eines öffentlichen Bedürfnisses und/oder besonderer örtlicher Verhältnisse erforderlich ist. Aufgrund zahlreicher Beschwerden aus der Bürgerschaft sowie zahlreicher ordnungswidrigkeitenrechtlich und strafrechtlich relevanter Vorkommnisse hat die Stadt Bamberg mit Verordnung vom 7. März 2011 die Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten hiervon abweichend festgesetzt (vgl. Anlage 2). In dem im Lageplan (vgl. Anlage 3) gekennzeichneten Gebiet der Bamberger Innenstadt beginnt die Sperrzeit an Werktagen um 02:00 Uhr und endet um 06:00 Uhr. Samstags und sonntags sowie an Feiertagen beginnt die Sperrzeit um 04:00 Uhr und endet um 06:00 Uhr. Im übrigen Stadtgebiet gilt die gesetzliche „Putzstunde“ von 05:00 Uhr bis 06:00 Uhr.


2.2 Anhörungsverfahren:

 

 Die Verwaltung hat mit Schreiben sowie E-Mails vom 25.05.2022 ein sowohl verwaltungsinternes, als auch externes Anhörungsverfahren zu einer möglichen Aufhebung der städtischen Sperrzeitverordnung angestoßen. Die im Verfahren eingegangenen Rückmeldungen der PI-Bamberg-Stadt, des Zweckverbandes für Rettungsdienst- und Feuerwehralarmierung Bamberg-Forchheim (ZRF), der DEHOGA Bayern-Kreisstelle Bamberg, der IG Lange Straße GbR, des Bürgervereins Bamberg-Mitte e.V., des Bürgervereins 4. Distrikt der Stadt Bamberg sowie des Klima- und Umweltamtes liegen dem Sitzungsvortrag als Anlagen 4-10 bei.

 Die eingegangenen Rückmeldungen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben sowie des städtischen Klima- und Umweltamtes lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass - aus unterschiedlichen fachlichen Blickwinkeln - im Ergebnis einhellig die Empfehlung ausgesprochen wird, die Sperrzeitverordnung der Stadt Bamberg unangetastet fortbestehen zu lassen.

 

Die Stellungnahmen der Interessenvertretungen und Bürgervereine lassen sich wie folgt zusammenfassen:

 Der Bürgerverein 4. Distrikt befürwortet die Beibehaltung der derzeit gültigen Sperrzeitverordnung und lehnt eine Aufhebung dieser ab.

 Der Bürgerverein Bamberg-Mitte e.V. sieht die Notwendigkeit, Kompromisse finden zu müssen. Eine Nicht-Reglementierung führe aber tendenziell zu für die Nachbarschaft nicht akzeptablen Belastungen. Eine Abschaffung der Sperrzeit werde dabei voraussichtlich nicht zu einer Entzerrung der Problematik führen. Der Bürgerverein Mitte regte die Prüfung einer Ausnahmeregelung dahingehend an, dass für Tanzlokale auf Antrag jeweils im Einzelfall sorgfältig geprüft werde, inwieweit hier längere Öffnungszeiten über die allgemein gültige Sperrzeit hinaus möglich seien.

 Die DEHOGA Bayern-Kreisstelle Bamberg weist darauf hin, dass die aktuelle Regelung das Ergebnis eines Kompromisses sei, um die Bedürfnisse der Anwohner besser zu berücksichtigen. Sie habe zu einem nicht unerheblichen Aussterben an Discobetrieben geführt, da zwei Öffnungstage zum Betrieb einfach nicht ausgereicht hätten. Gleichwohl müsse das Bedürfnis nach Nachtruhe der Anwohner berücksichtigt werden. Angeregt werden die Prüfung von sog. Clublizenzen. Diese sollten ein Konzept zur Lärmvermeidung vorsehen sowie den verpflichtenden Einsatz von Sicherheitskräften und Silencern. Unter diesen Voraussetzungen könnte / sollte bestimmten Betrieben die Ausnahme von der Sperrzeitregelung erlaubt sein. Eine flächendeckende Öffnung für alle Betriebe werde aber abgelehnt, insbesondere, wenn eine solche ohne verpflichtendes ausgebildetes Sicherheitspersonal und Lärmkonzept erfolge.

 Die IG Lange Straße GbR teilte mit, dass man sich im Bereich Gastronomie und auch bei der sogenannten Nachtgastronomie umgehört habe. Die einhellige Meinung der Befragten sei gewesen, dass eine Verkürzung der Sperrzeit bzw. eine Aufhebung der Sperrstunde absolut unnötig seien. Die derzeitig gültigen Zeiten würden zum einen überhaupt nicht ausgeschöpft, die personelle Situation lasse keine weiteren Öffnungszeiten zu und zudem wolle kein verantwortungsbewusster Gastronom ab früh 04.00 Uhr „Gäste“ die bereits „abgefüllt seien“ bewirten.

Für Einzelheiten darf auf die beiliegenden Stellungnahmen der einzelnen Stellen verwiesen und hierauf Bezug genommen werden.


2.3 Einschätzung der Verwaltung:

 

 Im Jahr 2004 hat die Bayerische Staatsregierung die allgemeine Sperrzeit von 5 Uhr bis 6 Uhr festgelegt. Diese vom Gesetzgeber aufgrund des veränderten Ausgehverhaltens vorgenommene Liberalisierung der Sperrzeit hat, nicht nur in Bamberg, zu erheblichen Lärmbeschwerden durch die wohnende und arbeitende Bevölkerung geführt. Auch in der Stadt Bamberg waren seinerzeit verschiedene Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth eröffnet worden, mit dem Ziel, die Stadt Bamberg zu verpflichten, gegen verschiedene Gaststättenbetriebe Auflagen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu erlassen.

 Aufgrund des damaligen Lärmkonfliktes im innerstädtischen Bereich wurden durch einen externen Gutachter wiederkehrende Lärmmessungen durchgeführt. Hierbei konnten deutliche Überschreitungen (um 30 dB und Spitzenpegelkriterium um 29 dB) der zulässigen Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm festgestellt werden. Ebenfalls wurden durch das städtische Umweltamt Immissionsmessungen durchgeführt. Die hierbei festgestellten Überschreitungsergebnisse deckten sich mit denen der Sachverständigenbegutachtung.

Insbesondere der Charakter der innerstädtischen Gastronomiebetriebe bringt eine hohe Attraktivität für Nacht-Gastronomie mit sich. Dies deckt sich auch mit dem Ausgeh-Verhalten (nicht nur) junger Leute. Daraus resultiert ein Interessenskonflikt mit dem Ruhebedürfnis der Anwohnerschaft. Das hier ein hohes Konfliktpotenzial besteht, zeigen z.B. auch die Entwicklungen und Klageverfahren zur Situation der Gustavstraße in der Stadt Fürth. Letztlich hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof für diese „Kneipenmeile“ entschieden, dass die dortigen Betriebe unter der Woche um 22 Uhr schließen müssen. Für die Wochenenden wurde eine „Verschiebung der Nachtzeit“ um eine Stunde auf 23 Uhr andiskutiert, wobei in der Entscheidung offen blieb, ob im konkreten Fall die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Die Entscheidung stärkt die Bedeutung der Nachtruhe für die Anwohnerschaft und bedeutet gleichzeitig erhebliche Einschränkungen für die Außengastronomie.

Zweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist es Menschen vor etwaigen schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen (vgl. § 1 BImSchG). Aus Sicht des Immissionsschutzes ist dem Ruhebedürfnis der Anwohner Priorität einzuräumen, da die seinerzeit gemessenen Immissionswerte nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet gewesen sind, Gefahren und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit herbeizuführen.

Auf Grund der Gemengelage im Geltungsbereich der Verordnung, lässt sich keine genaue Zuordnung zu einzelnen Lokalitäten als Ausgangspunkt der Emissionen erfassen. Somit wären – theoretisch mögliche - Einzelmaßnahmen gegen Gastronomiebetriebe (bspw. individuelle Sperrzeitfestsetzungen für nur einen bestimmten Betrieb) unverhältnismäßig und praktisch nicht durchsetzbar. Durch eine verkürzte Sperrzeit würde sich der Besucherstrom der Lokalitäten wieder bis auf 5 Uhr erstrecken und somit die Richtwerte über einen deutlich längeren Zeitraum überschritten werden (siehe Messbericht 16/10 vom 13.10.2010).

Zudem bieten die alten und zum Teil unter Denkmalschutz stehenden Gebäude im innerstädtischen Gebiet keinen ausreichenden Lärmschutz innerhalb der Gebäude, der Immissionsschutz dient auch dem Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen.


Nach Einschätzung der Verwaltung hat es seit den durchgeführten Messungen keine wesentlichen Veränderungen bei den Emissionen gegeben. Eine erneute Messung wird daher nicht für sinnvoll erachtet. Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass sich Emissionen und damit auch Immissionen jedenfalls nicht vermindert haben. Im Falle einer Aufhebung der derzeitigen Bamberger Sperrzeitregelung muss daher davon ausgegangen werden, dass es zu einer täglich dann länger andauernden Grenzwertüberschreitung kommen würde.

Gerade Geräusche, die von Gästen im Außenbereich einer Gaststätte verursacht werden, können von Betreibern gastronomischer Betriebe - anders als bei gewerblichem Lärm im herkömmlichen Sinne - nicht umfassend gesteuert werden. Eine umfassende Konfliktbewältigung ist daher nur auf Grundlage einer Sperrzeitverordnung möglich.

 Polizei und ZRF stellen in ihren Stellungnahmen auf die sehr wahrscheinliche Einsatzzunahme vor allem bei sog. Rohheitsdelikten und alkoholbedingten Erkrankungen/Verletzungen ab. Der ZRF gibt den warnenden Hinweis, dass die Zunahme der Einsätze vor allem zu Spitzenzeiten wie Freitag und Samstag in der Nacht und an Vorfeiertagen zu Überlastungen der aktuell knappen, aber noch als angemessen zu bezeichnenden Vorhaltung führen könne. Seitens der Polizei wird der Hinweis gegeben, dass mit zunehmender Nachtzeit das polizeiliche Gegenüber zunehmend alkoholisiert, aggressiv und gewaltbereit ist. Nicht zuletzt deshalb sei die PI Bamberg-Stadt (leider) oberfränkischer „Spitzenreiter“ bei Fällen von Gewalt gegen Polizeibeamte. Prognostisch würde daher eine Verkürzung oder Aufhebung der Sperrzeit dieses Phänomen voraussichtlich deutlich verstärken. Mit einer Aufhebung der Sperrzeit würde gleichsam die Möglichkeit einer quasi rund um die Uhr Versorgung mit Alkohol und zeitlich (fast) uneingeschränkter „Party-Möglichkeit“ geschaffen. Dies könne zu einem weiter verstärkten Zulauf einschlägigen Klientels von auswärts in die aktuell vor allem an den Wochenenden bereits stark belastete Innenstadt führen. Ein solches Phänomen war bereits vor allem im Bereich der Untere Brücke im Sommer 2021 sowohl für die Wohnbevölkerung, als auch für die Polizeiinspektion Bamberg-Stadt nachhaltig wahrnehmbar gewesen. Vergleichbare Entwicklungen sollten vermieden werden.

Aus Sicht der Verwaltung handelt es sich insoweit um ein sehr realistisches Szenario. Die Auffassungen der Polizei und des ZRF werden ausdrücklich geteilt.

 

  1. Zusammenfassung und Empfehlung der Verwaltung:

a)      Eine Aufhebung der Sperrzeit (mit Ausnahme einer sog. Putzstunde) ist rechtlich grundsätzlich möglich.

b)     Unabhängig von der Frage der Dauer einer Sperrstunde muss darauf geachtet werden, dass dem Ruhebedürfnis der Anwohnerschaft nachgekommen wird. Anhaltspunkt sind insoweit vor allem die Grenzwerte der TA Lärm. Diese wurden in der Vergangenheit im Bereich der Bamberger Innenstadt zur Nachtzeit überschritten. Es ist nach Auffassung der Verwaltung nicht davon auszugehen, dass sich diese Situation seit den durchgeführten Messungen positiv verändert hat.

c)      Nach Auffassung der Verwaltung ist daher weiterhin ein Ausgleich zwischen den Interessen eines Nachtpublikums und den Interessen der Anwohnerschaft erforderlich. Hierzu kann eine Sperrzeitverordnung (weiterhin) einen wirkungsvollen Beitrag leisten.

 

d)     Die Ergebnisse der im Rahmen des durchgeführten Anhörungsverfahrens eingegangenen Stellungnahmen können dahingehend zusammengefasst werden, dass eine Aufhebung der derzeitigen städtischen Sperrzeitverordnung von keiner Stelle empfohlen werden kann. Polizei und ZRF warnen sogar vor einem solchen Schritt. Die Verwaltung schließt sich diesen Empfehlungen ausdrücklich an.

e)      Im Ergebnis wird daher seitens der Verwaltung nicht empfohlen, die Sperrzeitverordnung der Stadt Bamberg aufzuheben. Die Sperrzeitverordnung der Stadt Bamberg beinhaltet die Möglichkeit, bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse, Ausnahmegenehmigungen für einzelne Betriebe zu erteilen. Sie stellt einen mühsam errungenen Kompromiss dar, der die verschiedenen Interessen zu einem angemessenen Ausgleich bringt und insbesondere im Hinblick auf die sicherheitsrechtlich relevanten Belange (z.B. Lärmschutz der Anwohnerinnen und Anwohner, Verringerung der Anzahl von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten wie Sachbeschädigungen, Rohheitsdelikte auch und gerade zum Nachteil der Polizei, etc.) in der Vergangenheit eine positiv steuernde Wirkung entfaltete. Die Verwaltung empfiehlt daher im Ergebnis, den Antrag vom 05.05.2022 auf Aufhebung der Sperrzeitverordnung abzulehnen.

 

 

 

 

 

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II. Beschlussvorschlag

II. Beschlussvorschlag:

 

1. Der Konversions- und Sicherheitssenat nimmt den Sitzungsvortrag zur Kenntnis.

2. Der Antrag der Stadtratsfraktion GRÜNES BAMBERG vom 05.05.2022 wird abgelehnt.

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

 

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Anlagen

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