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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2011/0313-61

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Beratungsfolge

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I.              Sitzungsvortrag:

1.              Bisherige Entwicklung des Projektverlaufs

Ausgehend von der Vorstellung des Positionspapiers im Stadtrat am 24.09.2008 wurden im Laufe des bisherigen Verfahrens folgende wesentlichen Verfahrensschritte absolviert:

 

-          Stadtratssitzung am 24.09.2008:

In dieser Sitzung wurde die bisherige Entwicklung des Sparkassenareals von der alten „City-Passage“ hin zum „Quartier an der Stadtmauer“ zwischen Lange Straße und Franz-Ludwig-Straße im Rahmen eines Sachstandsberichtes geschildert. Dabei wurde das von der eingesetzten Arbeitsgruppe (mit Mitgliedern aus Verwaltung, Denkmalpflege und Investor) erarbeitete Positionspapier mit Planstand 14.07.2008 (Anlage 1) vorgestellt und das weitere Vorgehen geschildert.

 

 

 

-          Stadtentwicklungssenat am 08.10.2008:

Beschlossen wurde die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 114 E für das Gebiet zwischen Lange Straße und Franz-Ludwig-Straße „Quartier an der Stadtmauer“ (= Aufstellungsbeschluss gemäß § 2 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 12 BauGB). Grundlage war der Antrag der Fa. Multi Veste Bamberg GmbH auf Einleitung eines Vorhabenbezogenen Bebauungsplanverfahren. In der gleichen Sitzung wurde das Bebauungsplanverfahren „City Passage“ Nr. 114 D eingestellt.

 

-          Gespräch mit Vertretern der israelitischen Kultusgemeinde am 23.10.2008:

Der damalige Baureferent informierte über die aktuelle Entwicklung. Seitens der israelitischen Kultusgemeinde wurde das Konzept begrüßt und in der Integration der Reste der Mikwe eine gute Gelegenheit gesehen, das jüdische Leben in Bamberg zu dokumentieren.

 

-          Stadtentwicklungssenat am 12.05.2010:

Erstattet wurde ein Sachstandsbericht über die bisherige Entwicklung des Sparkassenareals. Berichtet wurde über die Gründung einer Projektgesellschaft durch Projektentwickler und Grundstückseigentümer. Angekündigt wurden die Durchführung eines Wettbewerbsverfahrens zur Optimierung der Planung sowie die bodenarchäologische Bestandsaufnahme des Plangebietes.

 

-          Scoping – Termin am 20.05.2010:

Erste Anhörung der relevanten Träger öffentlicher Belange zur Vorprüfung der Betroffenheit. Maßgebliche Bereiche:

o        Lärmschutz

o        Artenschutz

o        Verkehr

o        Verschattung

o        Denkmalpflege / Heimatpflege

o        Bauplanungsrecht

 

-          Stadtentwicklungssenat am 23.11.2010:

Ausführlicher Sachstandsbericht zur weiteren Entwicklung. Zusammengefasst dargestellt wurde die Entwicklung des Vorhabens seit September 2008, insbesondere die zugrunde liegenden Leitideen, die bisherigen und die nächstfolgenden Verfahrensschritte sowie die planungsrechtlich weitere Vorgehensweise. Dem Sitzungsvortrag lagen das Städtebauliche Konzept 2010 mit Beschreibung der fortgeschrittenen Planung sowie Unterlagen zu Vorbereitung und Durchführung eines Architektenwettbewerbs durch den Investor mit Schwerpunkt architektonische Gestaltung der Gebäude und des urbanen Raums bei.

 

-          Durchführung archäologischer Grabungen 17.11. bis 16.12.2010:

Ziel der Grabungen war die Befunderhebung in dem Nahbereich der Mikwe und das Auffinden und Feststellen des Verlaufs der Stadtmauer. Ein erweiterter Umfang wurde seitens des BLfD nicht genehmigt. Die Untersuchungsergebnisse sind unter Ziffer 3 dargestellt. (Grabungsbericht - Anlage 4)

 

-          Bauforschung im März 2011:

Die vorläufigen Ergebnisse der vom Investor beauftragten Bauforschung im Bereich Hellerstr. 11 bis 15 und Franz-Ludwig-Straße 12 flossen, ebenso wie das Ergebnis der durchgeführten archäologischen Grabungen, in die Begründung zum Entwurf des Bebauungsplanes vom 13.04.2011 ein und wurden mit einer Zielformulierung versehen. Die Begründung zum Bebauungsplan wurde den Fraktionen zur Sitzung am 13.04.2011 zur Verfügung gestellt. Der zusammenfassende Kurzbericht zur Bauforschung liegt als Anlage 3.1 bei.

 

-          Stadtentwicklungssenat am 13.04.2011:

Erstattet wurde ein aktualisierter Sachstandsbericht (Information über die Erarbeitung eines Verkehrsgutachtens, eines Schallschutzgutachtens, einer naturschutzfachlichen Stellungnahme zum Artenschutz, einer Verschattungsstudie, Einarbeitung der Fachgutachten und Ergebnisse der bodenarchäologischen Sondagen). Es erfolgte der Billigungsbeschluss sowie der Beschluss über die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB und der Beschluss über die Unterrichtung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 BauGB.

Im nachfolgenden Verfahren erfolgte erstmals der Versand der Unterlagen und vorläufigen Erkenntnisse zu den relevanten Forschungen bzw. Grabungen mit dem Ziel, ebenfalls erstmals schriftliche Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange zu den Konfliktbereichen und Konzeptideen zu erhalten.

 

-          Beteiligungsverfahren nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 BauGB vom 26.04. bis 24.05.2011:

In diesem Zeitraum erfolgte die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange. Die gesamten - insgesamt 34 Rückmeldungen - eingegangenen Anregungen und Bedenken liegen diesem Sitzungsvortrag als Anlage 2.1 („Eingang Anregungen und Bedenken“) bei.

 

-          Öffentliche Informations- und Erörterungsveranstaltung am 23.05.2011:

In dieser Veranstaltung im Spiegelsaal der Harmonie wurden alle relevanten Unterlagen durch Hr. Architekten Sandler und Vertreter des Investors Multi Development erläutert. Die Basis bildete dabei der Planstand vom 13.04.2011. Die im Rahmen der Veranstaltung vorgebrachten Anregungen wurden protokolliert (Anlage 2.2).

 

-          Welterbetag am 05.06.2011:

Im Rahmen von öffentlichen Führungen durch Frau Dr. Laible/ZWB und Herrn Pfaffenberger/Amt 62-Stadtarchäologie wurden vor Ort der interessierten Öffentlichkeit insbesondere Einblicke in das Areal Hellerstraße 11 bis 15 ermöglicht.

 

-          Informationsgespräch mit Generalkonservator Prof. Dr. Greipl/BLfD am 22.06.2011:

Mit Herrn Prof. Dr. Greipl wurde im Rahmen eines ersten Informationsgespräches vor Ort die Situation diskutiert. Ihm wurde der Entwurf des Auslobungstextes des Gestaltungswettbewerbes übergeben und eine Beteiligung des Landesamtes in der Wettbewerbsjury vereinbart. Frau Dr. Faber/BLfD erarbeitet aktuell eine Stellungnahme zu dem Auslobungstext. Diese soll bis zum 13.07.2011 vorliegen und wird den Mitgliedern des Stadtentwicklungssenates noch ergänzend zur Verfügung gestellt werden.

 

-          Stadtentwicklungssenat am 13.07.2011:

Vorgesehen:

a)      Sachstandsbericht

b)      Zustimmung zum Auslobungstext des Gestaltungswettbewerbs des Investors

 

Wettbewerbsziele sind:

a)      die erstmalige grundsätzliche Erarbeitung von architektonischen Lösungsansätzen zum Erhalt der Stadtmauern „in situ“,

b)      die strukturelle Einbindung von Mikwe und weiteren Fundstellen, (z.B. Reste der Synagoge),

c)      die Darstellung der Fassadenflächen Lange Straße zur Visualisierung und Nachweis der Umsetzbarkeit.

Mit diesem Sitzungsvortrag soll im weiteren über den erreichten Verfahrensstand, die bislang erzielten Erkenntnisse der Archäologie und Bauforschung sowie das vorgesehene weitere Vorgehen informiert werden.

2.              Gegenwärtiger Verfahrensstand des Bebauungsplanverfahrens und Ausblick

Gemäß dem Beschluss des Stadtentwicklungssenates vom 13.04.2011 hat das Baureferat die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB durch Aushang der Planung in den Räumen des Stadtplanungsamtes im vierwöchigen Zeitraum vom 26.04.2011 bis zum 24.05.2011 durchgeführt und die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 BauGB unterrichtet (vgl. Ziff. 1).

Zusätzlich fand am 23.05.2011 um 19.00 Uhr eine öffentliche Informations- und Erörterungsveranstaltung im Spiegelsaal der Harmonie statt, bei welcher der Vorhabenträger die Planungen zum „Quartier an der Stadtmauer“ erläutert hat. Die dort vorgebrachten Anregungen wurden protokolliert. Aufgrund der Überschneidung zum Fristende (24.05.2011) hin mit der am 23.05.2011 durchgeführten Informations- und Erörterungsveranstaltung wurde durch die Verwaltung zugesagt, weitere Stellungnahmen auch nach Ablauf dieser Frist mit in das weitere Verfahren einzubinden. Sowohl die erstmals eingegangenen Stellungnahmen als auch das Protokoll der Erörterungsveranstaltung liegen diesem Sitzungsvortrag (Anlage 2.1 und Anlage 2.2) bei.

Die inhaltliche Auseinandersetzung mit den eingegangenen Anregungen und Bedenken aus der Öffentlichkeit und den Trägern öffentlicher Belange im Sinne der weiteren Behandlung im Rahmen des begonnenen Bauleitplanverfahrens findet im Rahmen der rechtlich bindend vorzunehmenden Abwägung statt. Hierfür kommt insbesondere der Durchführung des Gestaltungswettbewerbes und der weiteren archäologischen sowie baugeschichtlichen Befunderhebungen besondere Bedeutung zu, da diese Ergebnisse wesentliche Voraussetzung für die Sammlung vollständigen Abwägungsmaterials sind. Diesem Prozess soll und darf nicht vorgegriffen werden. Dabei fließen die aus der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange bereits bislang gewonnenen Erkenntnisse schon in den gleichsam nur zwischengeschalteten Gestaltungswettbewerb in dem Sinne ein, dass zu bestimmten, aufgetretenen, möglichen Konfliktfelder von den Wettbewerbsteilnehmern Lösungsvorschläge abgefordert werden.

Wesentlich ist, dass die Behandlung und Beschlussfassung über die eingegangenen Stellungnahmen für den Herbst 2011 eingeplant ist. In dem jetzigen Verfahrensstadium werden keine festen, unumstößlichen Tatsachen geschaffen. Die Aufarbeitung der bereits heute diskutierten Problemfelder bleibt in jedem Fall dem weiteren Verfahren vorbehalten. Im Zuge des weiteren Verfahrens können und müssen die dann auch vorliegenden Ergebnisse des Gestaltungswettbewerbs in die weitere Behandlung mit einbezogen werden. Die aus dem Wettbewerb gewonnenen Erkenntnisse werden dann ebenso wie die bisher eingegangenen Anregungen sowohl in den Vorhabenplan als auch in den Bebauungsplan-Entwurf für die öffentliche Auslegung als weiteren wichtigen Verfahrensschritt des Bebauungsplanverfahrens einfließen.

Dies bedeutet, dass zu dem dann vorliegenden, weiterentwickelten und konkretisierten Planstand die Öffentlichkeit und die Träger öffentlicher Belange erneut im Rahmen der öffentlichen Auslegung zur Stellungnahme aufgefordert werden und erneut Gelegenheit haben, Anregungen und Bedenken auf Basis des dann erreichten Kenntnisstandes in das Verfahren einbringen zu können.

Es ist wesentliches Gestaltungsziel des Bebauungsplanverfahrens, in einem mehrstufigen Verfahren alle Anregungen und Bedenken zu sammeln, in einer ersten Stufe zu behandeln, ggf. die bisherigen Planungsprämissen auf Basis gewonnener Erkenntnisse anzupassen und erneut in eine zweite Beteiligungsrunde einzubringen. Das Bebauungsplanverfahren Nr. 114 E befindet sich dabei in einem frühen Stadium und steht noch vor der Behandlung der eingegangenen Anregungen und Bedenken.

3.              Bisherige Erkenntnisse der Archäologie und der Bauforschung

Wesentliches Element und zentrale Forderung für eine Entwicklung des künftigen Bebauungsplangebietes ist der verantwortungsvolle Umgang mit der Historie, den vorhandenen Bauwerken und Resten sowie den vermuteten (v.a. bodenarchäologischen) Funden. Dementsprechend ist die Einbindung von Denkmalpflege und Archäologie grundsätzliche Bedingung für jede mögliche Maßnahme in dem Bereich. Daher wurden bereits in den Jahren 2002 und 2003 entsprechende Untersuchungen durchgeführt. Das Ergebnis dieser Untersuchungen ist auch dem jetzigen Investor bekannt. Da auf der Basis der Untersuchungsergebnisse der Jahre 2002/2003 weitere Erhebungen geboten waren, beauftragte der jetzige Investor im Jahr 2010 weitere Untersuchungen.

3.1              Untersuchungen 2002 / 2003

Bereits für das aufgegebene Projekt „City-Passage“ wurden 2002 / 2003 archäologische Untersuchungen und Bauforschungen durchgeführt.

Mit dem Auffinden der Reste einer Mikwe konnten erstmalig die Erkenntnisse aus archivarischen Forschungen bestätigt werden, dass es sich bei diesem Gebiet um einen Bereich handelt, in dem sich im 15. und 16. Jahrhundert Teile der jüdischen Bevölkerung Bambergs angesiedelt hatten bzw. angesiedelt wurden.

3.2              Positionspapier 2008

Im Zuge der Aufnahme des Projektes „Quartier an der Stadtmauer“ durch Multi Development wurde frühzeitig ein sogenanntes Positionspapier (Anlage 1) erarbeitet. In dessen Rahmen bekannte sich der Investor, die aufgefundene Mikwe und die Stadtmauerreste des 13. und 15. Jahrhunderts als ein herausragendes Zeugnis der Geschichtlichkeit des Ortes bei den weiteren Planungen zu berücksichtigen, was letztlich auch namensgebend für das Projekt als „Quartier an der Stadtmauer“ wurde.

Der Investor erkannte die Notwendigkeit, durch weitere Grabungsarbeiten und Bauforschungen die denkmalpflegerischen Rahmenbedingungen für das Projekt weiter verifizieren zu müssen.

3.3              Grabungen und Bauforschungen 2010/2011

In 2010 und 2011 wurden daher weitere Grabungen und Bauforschungen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind in mehreren Berichten zusammengefasst, die als Anlagen 3.1 bis 3.5 und Anlage 4 beiliegen.

Folgende wesentliche Ergebnisse flossen – zusätzlich zu den bereits erhobenen Befunden - in die Begründung zum Bebauungsplan Nr. 114 E (Behandelt in der Stadtentwicklungssenatssitzung am 13.04.2011) ein:

a)              Keller Hellerstraße 11

              Eine Sondagenbohrung 2011 im Gebäude Hellerstraße 11 sollte Klarheit über die Existenz eines Kellers unter dem ehemaligen Hofgebäude bringen. Dieser Keller ist auf einem Entwässerungsplan von 1909 verzeichnet. Das Ergebnis der vorgenommenen Kernbohrung zeigt, dass es diesen Keller, zumindest das zugehörige Kellergewölbe aus Ziegel gibt, der Kellerraum jedoch verfüllt ist, weshalb auch die Untersuchung mit einem Endoskop ohne brauchbares Ergebnis blieb. Eine Alterseinschätzung ist nicht möglich.

b)              Mikwe

Bei weiteren archäologischen Grabungen 2010 wurde der nördlich an den bereits offen gelegten Treppenzugang zur Mikwe angrenzende Bereich untersucht. Aufgabe der Grabungsmaßnahme 2010 war die Ausdehnung des bereits offen gelegten Untersuchungsbereiches nach Norden hin zu klären und das rückwärtige Areal zu sondieren.

Festgestellt wurde eine starke Störung durch jüngere Fundamente und spätere Einbauten, wie einem geziegelten Tonnengewölbe, das als Latrine anzusprechen sein dürfte. Bei der stark in Mitleidenschaft gezogenen Ziegelsteinsetzung könnte es sich um einen Rest der Rückwand der Mikwe handeln. Zwar finden sich Kulturhorizonte, die die Nutzung dieses Areals im 15. Jh. belegen. Dennoch lassen sich keine Befunde wie auch Funde eindeutig mit der jüdischen Siedlungsperiode vor Ort in Verbindung bringen.

c)              Hellerstraße 15

Das Vorderhaus ist das letzte Anwesen in der nördlichen Bebauung der Hellerstraße vor dem Anwesen Lange Straße 27. Als dreigeschossiges Mansarddachhaus des 18. Jahrhunderts ist das Gebäude weitgehend erhalten. Jedoch hat der Außenbau durch eine Purifizierung und die Anhebung des Daches erheblich an historischer Anschaulichkeit eingebüßt. Das Gebäude ist nicht als Einzeldenkmal in der Denkmalliste aufgeführt. Es wurde 2002 mit einer verformungsgenauen Bauaufnahme aufgenommen. Aufgrund der damals noch stattfindenden Nutzung in den Obergeschossen konnte nur der Keller des Gebäudes näher untersucht und ebenso wie der Nachbarkeller von Hellerstraße 13 einer spätmittelalterlichen Bauphase zugeordnet werden, welche wohl noch der Zeit der jüdischen Besiedlung im 15. Jahrhundert zuzurechnen sein dürfte. Hierauf deutet jedenfalls die ansonsten untypische Erschließung mittels Zugangstreppen (Kellerhälsen) von der Hofseite her hin.

Eine aufgrund der Vornutzung im Obergeschoss erst im März 2011 mögliche und dann durchgeführte Bauanalyse des oberirdischen Gebäudes weist nach, dass sich hinter der unscheinbaren Fassade ein in großen Teilen, vor allem in den Geschossdecken und im Obergeschoss, erhaltenes Gebäude des 16. Jhs. verbirgt. Nach fachlicher Gesamteinschätzung besitzt das Gebäude Hellerstraße 15 eine reiche Umbau- und Nutzungsgeschichte. Über einem spätmittelalterlichen Keller steht ein kleines, einfaches, in größeren Bereichen noch erhaltenes Fachwerkgebäude des 16. Jhs., welches ca. 200 Jahre später, im 18. Jh. nochmals großzügig aufgestockt wurde. Dieser spätbarocke / frühklassizistische Umbau mit Stuckausstattung und Treppenanlage ist nahezu vollständig erhalten. Der aktuell vermittelte schlechte Gesamteindruck resultiert aus dem unsensiblen Umbau des Erdgeschosses und den Veränderungen an den Fassaden und der Mansarde.

d)              Stadtmauern des 13. und 15. Jhs.

Im Jahr 2010 wurden archäologische Grabungen durchgeführt, um die Lage und den Verlauf der vermuteten historischen Stadtmauern auf dem Planungsgebiet herauszufinden. Dabei konnte zweifelsfrei ein Rest der Stadtmauer aufgedeckt und dokumentiert werden. Sie diente nicht wie vermutet der Fundamentierung noch heute bestehender Gebäude bzw. orientiert sich an den heute bestehenden Parzellengrenzen und Gebäudefluchten, sondern liegt zumindest im hier aufgedeckten Bereich mitten im heute freien Innenhofbereich. Die Mauer des 15 Jh. verläuft in West-Ost-Richtung, jedoch knickt sie am aufgedeckten Bereich im Verlauf nach Südosten hin ab und nimmt Richtung auf den bislang vermuteten Verlauf der älteren Stadtmauer. Diese Mauer (13. Jh.) ist nur noch in Fundamentierung und erster Lage erhalten. Eine Datierung der Mauer mit Hilfe von Keramik, die unmittelbar der Kulturschicht unter der Mauer entstammt, weist in das 12. Jahrhundert und erhärtet den Verdacht, dass Bamberg bereits deutlich vor der genannten Zahl 1265 bewehrt war. Mit der neuen/erweiterten Ummauerung der Stadt im 15. Jahrhundert verlor die alte Stadtmauer ihre Funktion und noch im selben Jahrhundert muss mit dem teilweisen Abbruch dieser gerechnet werden. Der Mauerverlauf kann in etwa dem Stadtplan von Petrus Zweidler aus dem Jahr 1602 entnommen werden. Archäologisch dokumentiert wurde diese Mauer in der Sondage 7 auf eine Länger von 2,65 m (Breite 1,2 m).

Wie bereits 2002 zum Anwesen Franz-Ludwig-Straße 12 aufgenommen, gibt es sowohl im Kellergeschoss des Hauptgebäudes, wie auch in den Kellern der Hofbebauung Mauerwerksbefunde, welche dem jüngeren Stadtmauerbau ab 1449/50 zuzuordnen sind. Im Rahmen der Untersuchung von 2011 wurden in dem mittlerweile leer stehenden Gebäude Sondierungen vorgenommen, um den genauen Umfang der erhaltenen Stadtmauerbereich zu überprüfen.

In Kombination mit den im Dez. 2010 ergrabenen Stadtmauerbereichen und einer verformungs- und lagegenauen Vermessung aller Befunde kann nun ein deutlich genaueres Bild der auch im aufgehenden Baubestand umfangreich erhaltenen und nachträglich im 20. Jh. überbauten und z.T. reduzierten Stadtmauerreste vorgestellt werden. Die zahlreichen Befundöffnungen zeigen, dass sich an den Parzellengrenzen des Anwesens Franz-Ludwig-Straße 12 umfangreiche Teile sowohl der älteren, als auch der jüngeren Stadtmauer erhalten haben. Bei beiden Stadtmauerabschnitten finden sich auch im aufgehenden Erdgeschossmauerwerk Quaderlagen bis etwa 2,70 m über Gelände. Das Mauerwerk besteht aus relativ groben Großquadern mit Zangenlöchern. Die Schichthöhen variieren zwischen - 25 und - 60 cm. Die Mauerstärke des zweischaligen Mauerwerks beträgt im jüngeren Teil ca. 1,2 m und im älteren, entlang des Sparkassenparkplatzes ca. 1, 45 m, wobei anzunehmen ist, dass die Mauer in diesem Bereich zwar dem älteren Verlauf folgt, jedoch ebenfalls im 15. Jh. erneuert und auch verstärkt wurde.

4.              Weiteres Vorgehen / insbesondere Wettbewerbsdurchführung

Erstmalig können die seit dem 24.05.2011 vorliegenden Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange zum neuen Projekt „Quartier an der Stadtmauer“ dem Stadtrat vorgestellt werden und in den weiteren Planungsprozess einfließen. Zu diesen vorliegenden Stellungnahmen hat bisher keine Abwägung stattgefunden, eine Behandlung durch den Stadtrat ist für den Herbst 2011 vorgesehen, wenn der nächste Verfahrensschritt des Bauleitplanverfahrens beschlossen werden soll.

Die eingegangenen Anregungen und Bedenken wurden bereits teilweise durch den Vorhabenträger aufgegriffen und zur Grundlage in der Auslobung des nun anstehenden Gestaltungswettbewerbs weiterentwickelt. Der Auslobungstext liegt diesem Sitzungsvortrag als Anlage 5 bei.

Mit diesem Wettbewerb soll eine qualitativ hochwertige Lösung für die architektonische Gestaltung der Gebäude und des urbanen Raums gefunden werden. Im Rahmen des Wettbewerbes sollen insbesondere die unter Zif. 1 bereits benannten Ziele einer Lösung zugeführt werden, die im weiteren Verfahren Grundlage der erneuten Auslegung und der Beratung, Diskussion und möglichen Beschlussfassung in den zuständigen Gremien sein sollen.

Gefordert werden von den Wettbewerbseilnehmern nun dezidiert Lösungsvorschläge für:

a)                  der Erhalt der Stadtmauer „in situ“,

b)                  der Erhalt der Mikwe und der Reste der Synagoge und deren thematisch angemessene und gestalterisch anspruchsvolle Integration in das Gesamtvorhaben sowie

c)                  eine in der Fassadenabwicklung der Lange Straße hochwertige und anspruchsvolle Gestaltung des Zugangs / der Zufahrt an der Lange Straße.

Über das Ergebnis des Wettbewerbs, an dessen Preisgerichtsgremium auch Vertreter der einzelnen Stadtratsfraktionen stimmberechtigt teilnehmen werden, wird die Verwaltung im Herbst 2011 berichten. Bis dahin sollen dann aussagekräftige Lösungsvorschläge zu den drei oben genannten Forderungen an die Wettbewerbsteilnehmer vorliegen und als Grundlage für Diskussion und mögliche weitere Beschlüsse im Verfahren dienen.

Aufgrund der Notwendigkeit, weitere Erkenntnisse über historische Zusammenhänge und mögliche Auswirkungen für die Planungen zu gewinnen, sind im Zuge des weiteren Projektablaufs seitens des Vorhabenträgers weitere Grabungen in Abstimmung mit der Bodendenkmalpflege vorgesehen. Ziel ist es, die jüdische Vergangenheit des 15. und 16. Jahrhunderts durch weitere Erkenntnisse zu belegen und damit der Bamberger Bevölkerung erstmalig zugänglich zu machen.

Dies ist eine einmalige Chance für die Stadt Bamberg. Die Finanzierung erfolgt durch Multi Development. Auf die Stadt Bamberg kommen keine finanziellen Belastungen zu.

Vorgesehene weitere Zeitschiene:

 

15.07.2011              Informationsgespräch mit ICOMOS, Prof. Dr. Petzet und Bayerischem    

                                        Landesamt f. Denkmalpflege

 

20.07.2011         Versand der Auslobungsunterlagen/Wettbewerb

 

27.07.2011                Einführung- bzw. Rückfragenkolloquium/Wettbewerb

 

14.09.2011                 Abgabetermin Wettbewerbsarbeiten/Wettbewerb

 

29.09.2011                 Jurysitzung

 

danach                2. Termin BLfD: Vorstellung der Ergebnisse Prof. Dr. Greipl und Frau
                                     Dr. Faber

 

danach                              2. Termin mit ICOMOS: Vorstellung der Ergebnisse

 

             

Die Fortsetzung des Bauleitplanverfahrens ist für November/Dezember 2011 vorgesehen.

 

Inhaltlich werden dann voraussichtlich folgende Themen zur Behandlung anstehen:

 

a)      der Bericht über das Ergebnis des Verfahrens nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 BauGB und deren Behandlung,

b)      die Vorstellung und die Umsetzung der Wettbewerbsergebnisse in das Verfahren,

c)      die Billigung des Bebauungsplanentwurfes zur öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 und Trägerbeteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB.

 

 

5.              Vorstellung der Unterlagen

In der Sitzung am 13.07.2011 wird Herr Sandler vom Büro BGSM/München, das mit der Erstellung der Bebauungsplan-Unterlagen und der Betreuung des Gestaltungswettbewerbs beauftragt ist, über die aus der Öffentlichkeits- und Trägerbeteiligung gewonnenen Erkenntnisse berichten und den Auslobungstext des Gestaltungswettbewerbs erläutern (Anlage 6).

Zudem stehen Herr Pomtow als Vertreter der Multi Develompent sowie Herr Pfaffenberger als Stadtarchäologe für weitere Fragen zur Verfügung.

 

6.                   Behandlung der Anfrage der GAL Fraktion vom 05.07.2011 (Anlage 7)

 

Alle der Verwaltung bekannten Daten, Fakten und Untersuchungsergebnisse wurden dem Stadtrat in der Vergangenheit und mit diesem Sitzungsvortrag zur Kenntnis gebracht.

Dies betrifft insbesondere Erkenntnisse zu den Anwesen der Hellerstraße 11 bis 15 (ein Anwesen Nr. 17 ist nicht bekannt), hier insbesondere zu den Zeugnissen der jüdischen Vergangenheit des Quartiers, sowie Franz-Ludwig-Straße 12 und zum Verlauf bzw. Bestand der Stadtmauerreste aus dem 13. bzw. 15. Jh (vgl. insbes. im Sitzungsvortrag Ziffer 3). Erkenntnisse zu Kellergewölben in der Langen Straße innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes liegen der Verwaltung nicht vor.

 

Die 2008 vorliegenden denkmalpflegerischen Erkenntnisse waren Ausgangspunkt für den Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplanes Nr. 114 E. Im Zuge des Verfahrens wurden weitere Untersuchungen vorgenommen, deren Ergebnisse in die Begründung des Bebauungsplanentwurfes vom 13.04.2011 einflossen und Gegenstand der frühzeitigen Öffentlichkeits- und Trägerbeteiligung waren.

 

Über die Behandlung von Denkmälern innerhalb eines laufenden Bebauungsplanverfahrens ist im Rahmen der Abwägung und im Einklang mit einschlägigen Schutzvorschriften zu befinden. Das Verfahren Nr. 114 E befindet sich aktuell im Stadium der frühzeitigen Öffentlichkeits-/Trägerbeteiligung nach §§ 3 Abs. 1 bzw. 4 Abs. 1 BauGB. Eine inhaltliche Aussage zur Anfrage laut Ziffer 2 ist daher im aktuellen Verfahrensstadium nicht möglich. Die Behandlung der - insbesondere auch zu dem gesamten Bereich „Denkmalpflege“ - eingegangenen Anregungen und Bedenken ist für Herbst 2011 im Fortgang des laufenden Bebauungsplanverfahrens (Behandlung eingegangener Stellungnahmen und Billigung des Planentwurfes für die öffentliche Auslegung) vorgesehen.

 

Das Ziehen eventueller Konsequenzen für die weitere Fortschreibung der möglichen künftigen Bebauungsplanfestsetzungen bleibt zwingend ausschließlich dem Ergebnis des laufenden Verfahrens vorbehalten.

 

 

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II. Beschlussvorschlag

II.              Beschlussvorschlag

 

1.             Der Stadtentwicklungssenat nimmt den Bericht des Baureferates zur Kenntnis.

 

2.             Der Stadtentwicklungssenat stimmt dem Auslobungstext zum Gestaltungswettbewerb „Quartier an der Stadtmauer in Bamberg“ zu.

 

3.             Der Dringlichkeitsantrag der GAL-Stadtratsfraktion vom 05.07.2011 ist geschäftsordnungsgemäß erledigt.

 

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

x

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

 

 

 

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Anlagen

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