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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2012/0049-R5

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Beratungsfolge

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I. Sitzungsvortrag:

 

Am 1. Dezember 2011 wurde im Rahmen der Bürgerversammlung folgender Antrag gestellt:

„Angesichts sozialer und demographischer Veränderungen und wegen ihrer günstigen städtebaulichen Auswirkungen sind „Gemeinschaftliche Wohnprojekte“ besonders förderungswürdig. Die Stadt Bamberg unterstützt diese durch entsprechende Ausschreibungsbedingungen (siehe unten) beim Ver-kauf oder der Bebauung eines angemessenen Teils städtischer Gründstücke oder Wohnimmobilien.“

 

Ausschreibungskriterien

·         Planungssicherheit durch Ausschreibung zum Festpreis

·         Konzeptabhängige Vergabe

·         Ausreichend lange Bewerbungsfristen (z.B. halbes Jahr)

·         An die Erfordernisse von Wohngruppen angepasster Bebauungsplan (z.B. Geschosswohnungsbau, gemeinsam genutzte Außenanlage, kommunikationsförderliche Architektur…)

·         Ermöglichung barrierefreien Wohnens

·         Sozial geförderte Wohnungen nach Bedarf

 

Zunächst bedarf der Begriff „Gemeinschaftliche Wohnprojekte“ einer näheren Definition. Hierzu darf folgendes ausgeführt werden:

 

Gemeinschaftliche Wohnprojekte haben viele Gesichter. Sie werden oftmals von Privatpersonen ins Leben gerufen. In Eigenregie werden größere oder kleinere Wohnanlagen neu- oder umgebaut. So kann auf individuelle Bedürfnisse der Bewohner eingegangen werden. In der Regel werden die Wohnungen barrierefrei geplant, damit man in allen Lebenslagen zuhause wohnen kann.

 

In Deutschland werden unter dem Begriff „Gemeinschaftliches Wohnen im Alter“ alle Wohnformen zusammengefasst, in denen irgendeine Art von gemeinschaftlichen Zusammenleben mit Menschen höheren Alters praktiziert wird. Dies können sowohl Wohn- und Hausgemeinschaften als auch Nach-barschafts- und Siedlungsgemeinschaften sein. Es können Projekte sein, die sich auf bestimmte Personengruppen beschränken, wie z.B. Frauen, Alleinstehende, Alleinerziehende und ältere Frauen etc. (vergl. Schader Stiftung, Gemeinschaftliche Wohnformen, URL: http://www.schader-stiftung.de/wohn_wandel/1000.php, besucht am 27.02.12).

Die häufigste gemeinschaftliche Wohnform ist wohl das generationenübergreifende Modell. Hier wohnen Alt und Jung, Familien und Singles zusammen, mit dem Ziel sich gegenseitig im Alltag zu unterstützen und gemeinsame Aktivitäten zu unternehmen. Es werden die verlorengegangenen Strukturen der ehemaligen Großfamilie geschaffen, die einer Vereinzelung im Alltag entgegenwirken. Dabei handelt sich fast ausschließlich um Hausgemeinschaften, in denen jede Partei eine eigene, abgeschlossene Wohnung bewohnt. Allerdings werden Gemeinschaftsräume vorgehalten, die allen gleichermaßen zugänglich sind.

 

Es besteht aber auch ein Bedarf an Wohngemeinschaften. Um den in der Behindertenrechtskonvention verankerten Grundgedanken der INKLUSION mit Leben zu erfüllen, ist es erforderlich, Wohnraum für Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu schaffen. Besonders für Menschen mit geistigen Behinderungen und Demenzerkrankungen werden Wohngemeinschaften benötigt, in denen die Bewohner ein eigenes Zimmer haben, Küche, Bad und Gemeinschaftsräume gemeinsam nutzen.

 

Besonderheiten von Gemeinschaftlichen Wohnformen:

 

Ganz klar im Vordergrund steht bei diesen Wohnprojekten die „funktionierende Gemeinschaft“. Dies setzt eine gewisse Beständigkeit der Wohnbelegung voraus. Dementsprechend wird es beispielsweise kritisch gesehen, Studenten in gemeinschaftlichen Wohnprojekten zu integrieren, da die Fluktuation einfach zu hoch ist.

 

Egal ob im Mietverhältnis oder im Wohneigentum, werden immer entsprechende Vorkehrungen oder Vereinbarungen getroffen, dass die Bewohner entscheiden, wer im Falle eines Auszuges oder des Ablebens eines Bewohners in die Gemeinschaft einzieht.

 

Die Kontaktstelle für „Gemeinschaftliche Wohnformen“ kann die besondere Förderungswürdigkeit von Gemeinschaftlichen Wohnprojekten ebenfalls betonen. Die Kommunen müssen sich bereits heute Gedanken darüber machen, wie sie sich den künftigen Herausforderungen des Demografischen Wandels im Hinblick auf die Wohnsituation stellen. Es müssen Strategien entwickelt werden, wie sich das Zusammenleben der Generationen neu gestalten lässt.

 

Fakten und Zahlen:

 

Bereits heute sind 23 % der Bevölkerung älter als 60 Jahre. Dieser Anteil wird bis 2030 auf 34 – 37 % steigen.

Der Anteil der Menschen, der älter als 80 Jahre sein wird, wächst von derzeit 4% auf 7% im Jahre 2030 und auf über 12% im Jahre 2050.

 

Im Jahre 2020 gibt es gleich viele 85-Jährige wie unter 5-Jährige

 

Im Jahre 2060 gibt es doppelt so viele 85-Jährige wie unter 5-Jährige

 

Derzeit gibt es 2,2 Millionen Pflegebedürftige – die Zahl wird sich verdoppeln

 

Derzeit gibt es 1,3 Millionen Demenzkranke – es kommen jährlich 250.000 Zugänge – Prognose 2050: 2,6 Millionen.

 

Die verloren gegangenen Strukturen einer Großfamilie müssen durch geeignete Maßnahmen – Errichtungen von gemeinschaftlichen Wohnprojekten – künstlich erzeugt, um ein Einbringen der jeweils persönlichen Ressourcen zu ermöglichen. Gemeinschaftliche Wohnformen sind familienfreundlich und wirken einer Vereinsamung im Alter entgegen.

 

„Politik für ältere Menschen muss mehr als kommunale Altenpolitik sein. Sie muss fach- und ressort-übergreifend die Lebensbedingungen und die Infrastruktur in den Kommunen so gestalten, dass Menschen so lange wie möglich ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen können. Das Miteinander der Generationen muss gefördert werden“. (Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V.).

 

Die Finanzierung von Heim- und Pflegeplätzen kommen einer Kommune teuer zu stehen: Im Rahmen der Sozialhilfe ist der Bezirk Kostenträger für die Heimkosten. Steigt nun die Anzahl der in Anspruch genommenen Pflegeplätze, dann steigt zugleich auch die Summe der Kosten für stationäre Hilfe, deren Träger der Bezirk ist. Allerdings refinanziert sich der Bezirk über die Bezirksumlage und holt sich somit die Gelder von den Kommunen zurück.

 

Darüber hinaus wird die Zunahme der Teilzeit- und die Abnahme der Vollzeitbeschäftigungen ihren Niederschlag bei den Rentenversicherungsbeiträgen haben. Der Niedriglohn bei Vollzeitbeschäftigten hat um 17% zugenommen. Die Folge wird sein, dass eine Vielzahl der künftig zu Pflegenden nicht mehr in der Lage sein wird, Heimaufenthalte aus eigener Tasche zu finanzieren.

 

 

Die Fortschreibung bestehender Strukturen der stationären Altenhilfe ist auf Dauer nicht finanzierbar. Bundesweit bräuchten wir bis zum Jahr 2050 rund 800.000 neue Pflegeplätze, was Mehrausgaben in Höhe von 64 Milliarden Euro bedeuten würde. Hinzu kämen noch erhebliche Modernisierungskosten der bestehenden Heime, sodass bis zum Jahre 2050 Bauinvestitionen in die stationäre Pflege von insgesamt 100 Milliarden Euro notwendig wären. Bei Fortschreibung der bestehenden Strukturen der Altenhilfe müsste sich die Zahl der stationären Pflegeplätze bis 2050 also mehr als verdoppeln. Die Mehrkosten von ca. 40 Milliarden Euro allein für einen Zeitraum von 10 Jahren erscheinen kaum finanzierbar

 

Laut dem Amt für Soziale Sicherung im Sozialreferat der Landeshauptstadt München werden in der Landeshauptstadt München nach der Bedarfsplanung zusätzlich zu den ca. 6.700 vorhandenen Pflegeplätzen bis zum Jahr 2015 ca. 1.300 weitere vollstationäre Pflegeplätze benötigt. Das entspricht einer Bedarfssteigerung von 20 %. Der Stadtrat der Landeshauptstadt sprach sich dafür aus, hiervon 50% des Bedarfs durch alternative Betreuungsformen bzw. ambulant betreute Wohngemeinschaften zu decken, da eine Steigerung der Platzzahl in dieser Größenordnung in den nächsten Jahren nicht zu finanzieren sei.

 

Will man den Bereich „Leben und Wohnen im Alter“ gestalten, muss man auf Prävention setzen.1

 

 

So müssen die Selbsthilfekräfte gestärkt, selbständige Lebensführung im Alter ermöglicht, die Potenziale der häuslichen Pflege gestärkt, die „Jungen Alten“ aktiviert und vor allem alternative Wohnformen geschaffen werden.

 

Nachdem der Antrag in erster Linie darauf abzielte, durch entsprechende Ausschreibungsbedingungen beim Verkauf oder der Bebauung eines angemessenen Teils städtischer Grundstücke oder Wohnimmobilien Unterstützung zu erfahren, wurde das Immobilienmanagement zu dem Antrag gehört. Es hat sich im Kern wie folgt geäußert:

 

„Im Zuge der Ausschreibung städtischer Geschosswohnungsbaurechte ist es Privatleuten, gewerblichen Investoren und Gruppierungen, die gemeinschaftliche Wohnprojekte umsetzen möchten, ohne weiteres möglich, sich an den entsprechenden Verfahren zu beteiligen.

 

So hat das Immobilienmanagement nicht nur in Informationsveranstaltungen zum Thema „generationenübergreifendes Wohnen“ auf die laufende Ausschreibung beim früheren Vereinsgelände des TV 1860 sondern auch auf künftige Ausschreibungsverfahren an der Pfeuferstraße und der Färbergasse hingewiesen.

 

Die Stadt Bamberg ist generell entsprechend den Bestimmungen der Gemeindeordnung gehalten, ihre Grundstücke zum Verkehrswert zu veräußern. Dieser Verkehrswert ergibt sich üblicherweise aus Ausschreibungen und der damit zusammenhängenden Markterkundung.

 

Vor diesem Hindergrund haben Genossenschaften, BGB-Gesellschaften oder andere Zusammenschlüsse von Interessenten, die generationenübergreifendes Wohnen realisieren möchten, entsprechende Chancen, städtische Flächen zu erwerben.

 

Nicht möglich ist es jedoch aus Sicht des Immobilienmanagements für besondere Wohnformen Nachlässe auf den Verkehrswert zu gewähren. Wenn überhaupt so wäre dies nur im Zuge der Umsetzung von Baulandmodellen möglich, wie dies zum Beispiel auf dem früheren Vereinsgelände des TV 1860 für Mietwohnungsbau umgesetzt wird. Allerdings war bisher zu erkennen, dass Interessenten für Generationenwohnungs-Projekte die Qualität des Wohnstandortes an der Eichendorffstraße als nicht ausreichend angesehen haben.

 

Zusammenfassend ist aus der Sicht des Immobilienmanagements festzuhalten, dass Gruppierungen, die gemeinschaftliche Wohnprojekte realisieren möchten, stets die Möglichkeit gegeben ist, sich an entsprechenden Ausschreibungsverfahren zu beteiligen um Grundstücke zu erwerben.

 

Soweit beabsichtigt wäre, derartige Projekte finanziell zu unterstützen, könnte dies nur über Zuschüsse erfolgen, die von dritter Seite gewährt werden. Im Zuge der Grundstücksgeschäfte sind Nachlässe wie oben dargestellt nicht machbar.“

 

Aus Sicht der Verwaltung sollten gemeinschaftliche Wohnformen in der Stadt auch weiterhin unterstützt werden. Ein entsprechender Grundsatzbeschluss wird unten vorgeschlagen.

 

Die Verwaltung würde die gemeinschaftlichen Wohnformen im Rahmen ihrer Möglichkeiten u.a. wie folgt unterstützen:

 

Die Gruppierungen signalisieren ihr Interesse und legen ihre Rahmenbedingungen dar. Die Kontaktstelle für gemeinschaftliche Wohnformen stellt ein dementsprechendes Instrumentarium in Form eines Fragebogens zur Verfügung, um Interessen zu bündeln. Die Fragebögen werden dann dort ausgewertet Das Immobilienmanagement prüft danach, ob adäquate Grundstücke für entsprechende, konkrete Gruppierungen zur Verfügung stehen bzw. behält die Wünsche der Gruppe für zukünftige Projekte im Auge.

 

Das Immobilienmanagement leitet bei Kenntnis geeigneter Grundstücke diese Daten an die Kontaktstelle für gemeinschaftliche Wohnformen frühzeitig weiter.

 

Bei neuen Bauquartieren werden möglichst bald die Möglichkeiten überprüft, gemeinschaftliche Wohnformen zu unterstützen.

 

Kontaktbörsen werden wie bisher regelmäßig durchgeführt und durch das Baureferat und das Immobilienmanagement soweit möglich unterstützt.

 

Eine Überprüfung des jeweiligen Konzepts der einzelnen Bewerber soll möglichst frühzeitig, spätestens aber bei der Grundstücksvergabe durch die Stadt Bamberg bzw. den Stadtrat erfolgen.

 

Die in letzter Zeit festgesetzten Bebauungspläne der Stadt berücksichtigen bereits die genannten Eckdaten – zur Realisierung der einzelnen Projekt bedarf es dann einer entsprechenden Ausführungsplanung durch den Bauherrn bzw. den Architekten.

 

Barrierefreies Wohnen ist bereits jetzt eine gesetzliche Vorgabe im Geschosswohnungsbau, die auch bei gemeinschaftlichen Wohnprojekten berücksichtigt werden soll. Die Stadt selbst berücksichtigt dies bereits bei ihren Vergaben (vgl. Dr.-Hans-Neubauer-Straße).

 

Die Förderung von Wohnungsbau erfolgt in Bayern derzeit nach den Vorschriften des Bayerischen Wohnraumförderungsgesetzes – eventuelle Förderungen bleiben der jeweiligen Einzelfallprüfung vorbehalten.

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II. Beschlussvorschlag

II.              Beschlussvorschlag

 

1.       Der Bericht der Verwaltung hat zur Kenntnis gedient.

 

2.       Der Stadtrat begrüßt ausdrücklich die Förderung gemeinschaftlicher Wohnformen. Die Verwaltung wird beauftragt, die Realisierung von gemeinschaftlichen Wohnformen durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen.

 

3.       Hiermit ist der Antrag aus der Bürgerversammlung vom 01. Dezember 2011 nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung erledigt.

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

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