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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Berichtsvorlage - VO/2012/0287-46

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Beratungsfolge

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I.Sitzungsvortrag:

Vorgeschichte:

In zahlreichen europäischen Ländern fanden vom 15. bis 18. Jahrhundert Hexenverfolgungen statt, denen (geschätzt) 42.000 Menschen zum Opfer fielen, davon etwa 25.000 allein in den Territorien des deutschen Reiches. Höhepunkt der Verfolgungen war die Zeit zwischen 1570 und 1670. Die Mehrzahl der Opfer waren Frauen, eine eindeutige Zuordnung zu Konfessionen ist nicht erkennbar.

Das Hochstift Bamberg hat bei Forschungen zur Geschichte des Hexenwesens schon früh das Interesse der Wissenschaft (und der Öffentlichkeit) gefunden, nachdem die gute Quellenlage (ca. 800 Verhörprotokolle) schon im 19. Jahrhundert einschlägige Veröffentlichungen zur Folge hatte. Die Besonderheiten der Verfolgungen im Hochstift Bamberg (Grausamkeiten, Anwendungsformen der Folter, Zahl der Opfer usw.) fanden dabei aber auch außerhalb der Wissenschaft immer großes Interesse, so dass die damaligen Bamberger Vorkommnisse häufig als besonders abschreckende Beispiele herangezogen wurde. Dabei wurden und werden auch Beziehungen zu aktuellen Ereignissen oder Vorgängen hergestellt.

Frühere Forschungen haben dabei häufig das Ziel verfolgt, Opferzahl und/oder vermeintliche Ursache(n) der Verfolgungen zu benennen. Dabei waren die Erklärungen häufig von den jeweiligen Vorurteilen der Zeit abhängig, so dass sowohl kirchenfeindliche wie geschlechtsspezifische Erklärungsversuche festzustellen sind, ohne dies jedoch anders als durch Einzelbeispiele zu belegen. Heute sind die Erklärungsversuche differenzierter und berücksichtigen stärker die regionalen Sonderbedingungen, ohne dass aber schon abschließende Erklärungen für das Phänomen der Hexenverfolgungen eindeutig erkennbar würden.

Dies gilt gerade auch für Bamberg, wo die Hintergründe für die Verfolgungen nur indirekt erschlossen und herauskristallisiert werden können.

Für das Hochstift Bamberg sind dabei drei Verfolgungswellen festzustellen: 1612/13 (15 Opfer), 1616–1619 (159 Opfer), 1626–1630 (642 Opfer). Die Mehrzahl der Hinrichtungen fand in der bambergischen Exklave Zeil statt, erst die Errichtung eines Hexengefängnisses (Malefizhaus oder Trudenhaus) in Bamberg 1627 führte auch zu Hinrichtungen in der damaligen Residenzstadt. Mit dem Tod des als “graue Eminenz” wirkenden Weihbischofs Friedrich Förner 1630 und der Besetzung des Hochstifts durch die Schweden 1632 fanden die Hexenverfolgungen im Hochstift Bamberg ihr Ende.

Das Thema “Hexenverfolgungen” wird auch in der geplanten mehrbändigen Stadtgeschichte eine wichtige Rolle spielen.

 

Zur Beurteilung:

Verursacher und Betreiber der Hexenverfolgungen waren in Bamberg nicht die Stadt(!) Bamberg, sondern das Hochstift(!) Bamberg. Die unzulässige Gleichsetzung von Territorium und gleichnamiger Residenzstadt zieht sich wie ein roter Faden durch die jüngere Geschichte. Als Hochstift wird dabei der weltliche Herrschaftsbereich eines geistlichen Fürsten (Bischof, Abt) bezeichnet, wobei Territorium und Bistum in der Regel nicht deckungsgleich sind.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Rechtssphären im 16. Jahrhundert deutlich zwischen geistlichem und weltlichem Recht unterscheiden, auch wenn sich natürlich immer wieder gegenseitige Einflüsse mit zum Teil erheblichen Auswirkungen erkennen lassen. Dabei waren die Hexenprozesse in der Regel den weltlichen Gerichten übertragen und wurden von weltlichen Juristen – im Namen des Landesherrn – geführt. Dies ist so auch im Hochstift Bamberg festzustellen. Daraus ergibt sich jedoch die Schlussfolgerung, dass nicht die Stadtverwaltung Bamberg Rechtsnachfolger und damit Verantwortlicher ist, sondern seit 1802 die jeweiligen bayerischen Staats- bzw. Regierungsoberhäupter (Kurfürst/König/Ministerpräsident).

Ein Antrag auf Rehabilitierung (auch sozialethisch) trifft demnach mit der Stadt(!) Bamberg erkennbar nicht den richtigen Adressaten, nachdem die Bürger der Stadt, die Mitglieder des Stadtrats oder die Bürgermeister (8!) Opfer, nicht Täter in den Hexenverfolgungen waren, sondern deren Opfer. In keiner Weise waren städtische Gremien in den Hexenprozessen aktiv tätig. Eine Rehabilitation durch den Stadtrat würde daher in der Öffentlichkeit – unbestritten seiner moralischen Bedeutung – wohl als nachträgliches Schuldeingeständnis wahrgenommen werden und damit die historische Wahrheit völlig auf den Kopf stellen. Eine Reduzierung auf die Person des Bürgermeisters Johannes Junius würde ebenfalls nicht der historischen Wahrheit gerecht werden und die Mehrzahl an weniger prominenten Opfern sogar missachten.

Andererseits ist nicht zu unterschätzen, dass auch die Ablehnung einer Rehabilitierung aus den genannten Gründen falsch interpretiert werden kann und somit ein nicht unerheblicher politischer Flurschaden verursacht werden könnte.

 

Aktivitäten der Stadt Bamberg:

Beim Kulturreferat wurde bereits vor 2 Jahren eine Arbeitsgruppe eingerichtet, der Vertreter verschiedener Institutionen angehören (Wissenschaft, Bürgerverein, Kirche, Verwaltung, Heimatpflege), nachdem immer wieder in der Öffentlichkeit auf Unkenntnis der damaligen Bedingungen beruhende Vorwürfe laut wurden. Ziel sollte dabei nach Ansicht der Verwaltung eine Diskussion über den Umgang mit dem Thema und die Koordination einschlägiger Veranstaltungen sein. Übereinstimmung herrschte dabei darin, dieses sehr sensible Thema in würdiger und seriöser Form zu behandeln und auf jeden Anschein von Effekthascherei zu verzichten.

Diese Arbeitsgruppe hat nun vorgeschlagen, das Thema “Hexen-Verfolgungen im Hochstift Bamberg” in Form verschiedener Informationsveranstaltungen (wissenschaftliche Vorträge, Lesungen, Führungen, Veröffentlichungen) im Herbst 2012 in die Öffentlichkeit zu bringen und damit verlässliche Kenntnisse über die Vorgänge, Abläufe und Zusammenhänge zu vermitteln. Innerhalb des Referats sind dafür bereits Vorbereitungen im Gang.

Damit wird nach Ansicht der Verwaltung den Fragen der Hexenprozesse im Hochstift Bamberg besser gerecht als dies zwar plakative, aber von falschen historischen Tatsachen ausgehende Aktivitäten vermögen.

 

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II. Beschlussvorschlag

II.              Beschlussvorschlag

 

1.               Der Antrag der Fraktion der Freien Wähler Bamberg vom 15. März 2012 auf eine sozialethische Rehabilitation der im Rahmen der so genannten Hexenprozesse im Bereich der Stadt Bamberg unschuldig verurteilten Personen wird wegen der fehlenden Verantwortlichkeit der Stadt Bamberg für die damaligen Ereignisse kritisch gesehen.

Es wird vorgeschlagen, das Ergebnis der Themenwoche abzuwarten und die dabei gewonnenen Erkenntnisse, z. B. zur Errichtung eines Gedenksteins, für eine spätere Erklärung des Stadtrates zu verwenden.

 

2.              Gleichzeitig wird die Verwaltung beauftragt, in geeigneter Form die Öffentlichkeit über die Abläufe und Hintergründe der Hexenverfolgungen in Stadt und Hochstift Bamberg zu informieren und damit einen Beitrag der Stadt Bamberg für das Verständnis dieser Ausnahmesituation zu leisten.

 

3.              Hiermit ist der Antrag der FW-Stadtratsfraktion vom 15. März 2012 geschäftsordnungsmäßig erledigt.

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

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Anlagen

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