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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2015/1423-46

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Beratungsfolge

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I.              Sitzungsvortrag:

 

Themenkomplex „Hexenprozesse im Hochstift Bamberg“

 

  1. Sog. Rehabilitation der Opfer der „Hexenprozesse“ im Hochstift Bamberg

 

Der am 06. Februar 2013 gestellte Antrag für eine sozialethische, moralische Rehabilitierung der Opfer des „Hexenprozesse“ im Hochstift Bamberg wurde in der Sitzung des Kultursenats vom 09. Juli 2013 wegen der fehlenden juristischen Zuständigkeit der Stadt Bamberg abgelehnt und ist geschäftsordnungsmäßig erledigt.

 

Eine Rehabilitation stellt im allgemeinen Verständnis die Wiederherstellung der verletzten Ehre einer Person bzw. die Wiedereinsetzung in ihre frühere Rechtsstellung dar.[1] Eine solche Wiederherstellung kann nur von der Institution (oder deren Rechtsnachfolger) vorgenommen werden, die diese Verletzung beging. Im vorliegenden Themenkomplex handelte es sich im 16. und 17. Jahrhundert um die hochstiftisch-bambergische Justiz, also um die staatliche Justiz eines geistlichen Reichsstandes, nämlich des Hochstifts Bamberg, dessen Rechtsnachfolger der Freistaat Bayern ist.

 

Zudem sah der Beschlussvorschlag im Antrag der Freien Wähler vom 15.03.2012 als Geltungsbereich nur die „im Bereich der Stadt Bamberg hingerichteten Opfer“ vor. Demnach wären die Bamberger Opfer, die in Zeil hingerichtet wurden, ausgeschlossen. Der Antrag der damaligen Stadträtin Sabine Sauer sowie des FW-Stadtrats Dieter Weinsheimer vom 06.02.2013 zusammen mit der Erinnerung des FW-Stadtrats Dieter Weinsheimer vom 10.11.2014 in diesem Punkt ist daher mit dem Beschluss des Kultursenats vom 09.07.2013 geschäftsordnungsmäßig erledigt.

 

 

  1. Erstellung eines geeigneten Textes zur Verdeutlichung der moralischen Verpflichtung der Stadt Bamberg (Ziffer 2 des Kultursenats vom 09.07.2013)

 

Der Stadtrat Bamberg kann in dieser Angelegenheit allenfalls ein Gedenken und eine Mahnung aussprechen. Der Entwurf eines Textes für die Gedenktafel wurde vom Arbeitskreis „Hexenverfolgungen im Hochstift Bamberg“ erarbeitet. Diesem Arbeitskreis unter Leitung des Bürgermeisters Dr. Christian Lange und des Leiters des Stadtarchivs Horst Gehringer gehören als Mitglieder der Bezirksheimatpfleger Prof. Dr. Günter Dippold, der Leiter der Staatsbibliothek Prof. Dr. Werner Taegert, H. H. Domkapitular Dr. Norbert Jung sowie weitere Historiker, Vertreter der Stadtheimatpflege und der Bürgervereine an.

In der Sitzung des Arbeitskreises vom 14.01.2015 im Stadtarchiv, ergänzt im Februar nach Rücksprache mit dem Bürgerverein Bamberg-Mitte, wurde folgender Text für eine Gedenktafel am Denkmal hinter Schloss Geyerswörth gemeinsam formuliert:

Brandmal – 2015

Miriam Diessler, Hubert Sandmann

 

Im Hochstift Bamberg wurden im 17. Jahrhundert etwa 1000 Frauen, Männer und Kinder unschuldig angeklagt, gefoltert und hingerichtet. An sie erinnert dieses Mahnmal. Ihr Leid verpflichtet uns zum Aufstehen gegen Ausgrenzung, Machtmissbrauch, Entwürdigung und jede Art von Fanatismus.

 

Initiiert und finanziert vom Bürgerverein Bamberg-Mitte, maßgeblich unterstützt von der Oberfrankenstiftung, dem Erzbistum Bamberg, der Sparkassenstiftung, dem Lions Club Bamberg  Michelsberg und weiteren ungenannten Spendern.

 

Damit wird gemäß Punkt 3 des Sitzungsbeschlusses vom 09. Juli 2013 ein Text für eine Tafel am Denkmal vorgelegt, der bei der Aufstellung des Mahnmals vor Ort öffentlich verlesen werden kann.

 

 

  1. Weitergehende Informationen der Verwaltung

 

  • Ein möglicher Weg, sich weiterhin über die Behandlung dieses Themas auf dem sich ändernden aktuellen Stand der Forschung zu informieren über die Bibliographien und Datenbanken der Bibliotheken hinaus, ist die Bereitstellung eines Textes für Besucherinnen und Besucher des Denkmals, der über einen QR-Code mittels Smartphone unmittelbar vor Ort abgerufen werden kann. Dazu hat die oben erwähnte Arbeitsgruppe folgenden Text vorgeschlagen:

 

„Hexenverfolgungen im Hochstift Bamberg“

 

Im 17. Jahrhundert war der Staat der Bischöfe von Bamberg (Hochstift Bamberg) Schauplatz eines der dunkelsten Kapitel europäischer Geschichte. Schon unter Fürstbischof Johann Gottfried I. von Aschhausen (1575-1622), verstärkt dann aber unter Fürstbischof Johann Georg II. Fuchs Freiherr von Dornheim  (1586 - 1633) sowie seinem Weihbischof und Generalvikar Friedrich Förner (1570-1630), fand eine der grausamsten „Hexenverfolgungen“ Europas statt. In drei Prozesswellen wurden zwischen 1612 und 1630/31 bis zu 1.000 Frauen, Männer und Kinder der Hexerei bezichtigt, grausam gefoltert und hingerichtet.

Die Vorgänge im Hochstift Bamberg sind Teil mehrerer Verfolgungswellen. In zahlreichen Regionen des Heiligen Römischen Reiches, Deutscher Nation und anderen europäischen Ländern fanden vom 15. bis 18. Jahrhundert „Hexenverfolgungen“ statt, denen nach Schätzungen bis zu 60.000 Menschen, davon ca. 25.000 in den Territorien des Reiches zum Opfer fielen und hier wiederum bis zu 1.000 allein im Hochstift Bamberg.[2]

Zunächst fanden die Hinrichtungen in dem zum Hochstift gehörenden, bambergischen Ort Zeil am Main statt. Der Bau des Malefizhauses oder Trudenhauses als Hexengefängnis im Jahr 1627 (heute: Franz-Ludwig-Straße / Promenade, 1635 bereits wieder abgetragen) führte dann auch zu Hinrichtungen in der Residenzstadt Bamberg. Nach dem Tod Friedrich Förners (1630) als einer der zentralen Figuren dieser Zeit und der Besetzung des Hochstifts durch schwedische Truppen im Laufe des 30-jährigen Krieges (1632) fanden die Verfolgungen ein rasches Ende.

In den Jahren 2012 und 2013 führten zahlreiche Vorträge, Führungen und Ausstellungen zu einer Sensibilisierung der Öffentlichkeit für dieses Thema. Neben dem künstlerisch gestalteten Mahnmal („Brandmal – 2015“) bei Schloss Geyerswörth wurden zwei Publikationen erarbeitet, die die Ergebnisse der bisherigen Forschung zusammenfassen und den Ansatzpunkt für die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit dieser Thematik im Rahmen der Stadtgeschichte Bambergs darstellen:

 

Stadt Bamberg, Siebenhaar, Ulrike (Hgg.):

Hexenprozesse und Hexenverfolgung" im Hochstift Bamberg. Eine vorläufige Bilanz.

[... Themenwochen „Die Hexenprozesse im Hochstift Bamberg - eine vorläufige Bilanz“ vom 8. bis 23. Oktober 2012; Originaldokumente der Bamberger Hexenprozesse zeigte die Ausstellung „Zeugen eines Massenmordes“ der Staatsbibliothek Bamberg bis zum 21. Dezember 2012]. Bamberg 2013.

Hasselbeck, Johannes; Zink, Robert (Hgg.):

So wirdt die gantze Burgerschafft verbrendt ... Der Brief des Bamberger Bürgermeisters Johannes Junius aus dem Hexengefängnis 1628. Bamberg 2013 (=Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bamberg. 15).

Die wissenschaftliche Behandlung dieses Thema geht aber weiter. Über den Fortgang der Forschung wird auf der Internetseite, auf die der QR-Code verweist, weiter berichtet.

 

  • Zusätzlich liegt im Stadtarchiv eine Datenbank mit Personal- und Prozessdaten vor, die auf der Basis der in der Staatsbibliothek vorhandenen Protokolle über die „Hexenprozesse“ erarbeitet wurde. Sie steht für die Auswertung zur Verfügung und kann für weitergehende Forschungen herangezogen werden, da die Verbindung der Personen in den Verfahren und über die einzelnen Prozesse hinweg nachvollzogen werden können.

 

  1. Mit einer Erklärung des Stadtrats soll darüber hinaus der Vorgänge in dieser Epoche der Stadt- und Landesgeschichte gedacht sowie die Betroffenheit und moralische Verpflichtung der Stadt Bamberg zum Ausdruck gebracht werden. Textvorschlag (Ziffer 2 des Kultursenats vom 09.07.2013):

 

Mit der grausamen „Hexenverfolgung“ wurde auf ihrem Höhepunkt im 17. Jahrhundert eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte des Hochstifts Bamberg geschrieben. Nach den erhaltenen gut 800 Verhörprotokollen wurden bis zu 1.000 Frauen, Männer und Kinder der Hexerei beschuldigt, angeklagt, verhört, gefoltert und ermordet. Die Hinrichtungen wurden zunächst in Zeil, einer Exklave des geistlichen Fürstentums Bamberg, durchgeführt. 1627 wurde dann in Bamberg mit dem Malefizhaus ein eigenes Gebäude als Folterstätte und Hexengefängnis errichtet, das 1635 wieder abgetragen wurde.

Seit 180 Jahren sind diese grausamen Vorgänge Gegenstand der historischen Forschung und in der Erinnerung der Menschen. Die Geschichte der „Hexenverfolgungen“ zu erforschen und darzustellen, sie auch künftig im Bewusstsein der Menschen wachzuhalten, um Ausgrenzung, Entwürdigung und Fanatismus künftig zu vermeiden, ist eine Aufgabe, eine Verpflichtung unserer Zeit.

 

 


[1]               vgl. Brockhaus. Die Enzyklopädie, Bd. 18. Mannheim 1998, S. 185. – http://de.wikipedia.org/wiki/Rehabilitation, 27.01.2015

[2]               Vgl. zur Einordnung den Beitrag von Ulrich Knefelkamp in dem von Stadt Bamberg und Ulrike Siebenhaar herausgegebenen Buch: „Hexenprozesse und Hexenverfolgung“ im Hochstift Bamberg. Bamberg 2013, S. 25-26.

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II. Beschlussvorschlag

II.              Beschlussvorschlag

1. Der Kultursenat nimmt vom Bericht der Verwaltung Kenntnis.

 

2. Dem Text des Arbeitskreises „Hexenverfolgungen im Hochstift Bamberg“ für die Tafel am Denkmal („Brandmal“, 2015) wird zugestimmt.

 

3. Dem Entwurf der Verwaltung für einen ergänzenden, über einen QR-Code vor Ort lesbaren Text „Hexenverfolgungen im Hochstift Bamberg“ wird zugestimmt.

 

4. Dem Entwurf des vorgeschlagenen Textes zur Verdeutlichung der moralischen Verpflichtung der Stadt Bamberg wird zugestimmt.

 

5. Der Antrag der FW-Stadtratsfraktion vom 10.11.2014 ist damit geschäftsordnungsmäßig behandelt.

 

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

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Anlagen

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