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ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2017/1037-R1

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Beratungsfolge

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I.Sitzungsvortrag:

 

1. Genehmigungssituation:

 

Die Problematik der in Bamberg vorhandenen legalen und illegalen Ferienwohnungen und eine erhöhte Anzahl an Bauvoranfragen für eine Nutzungsänderung zu Ferienwohnungen war Thema eines Sitzungsvortrags im Bau- und Werksenat am 03.02.2016 (VO/2015/1999-A6).

 

Die Folgezeit brachte ein sehr starkes bayernweites mediales Interesse in Presse, Funk und Fernsehen. Zudem wurde eine gut besuchte Info-Veranstaltung des städtischen TKS für Ferienwohnungsbetreiber angeboten. Deshalb sind die betroffenen Bürgerinnen und Bürger nun sehr gut mit Informationen zur Genehmigungsthematik ausgestattet.

 

Dadurch ausgelöst sind bei der städtischen Bauverwaltung eine Vielzahl von Beratungsgesprächen geführt und telefonische Auskünfte erteilt worden. 96 Bauanträge zu Ferienwohnungen sind bis Mitte Juni 2017 eingegangen. Darin werden 150 Ferienwohnungen beantragt.

 

Zu der im Sitzungsvortrag am 03.02.2016 ebenfalls thematisierten umstrittenen Rechtslage hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) eine Baurechtsnovellierung auf den Weg gebracht. Dazu wurde gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Urbanistik gGmbH (difu) ein „Planspiel“ zur Begleitung der Novellierung durchgeführt, an dem die Stadt Bamberg neben anderen ausgewählten Kommunen teilgenommen hat.

 

Zu dem Planspiel und zu den Entwürfen für eine Änderung der Baunutzungsverordnung im Hinblick auf Ferienwohnungen lässt sich feststellen, dass diese sehr stark durch die Situation der Gemeinden an den Nord- und Ostseeküsten geprägt waren. Von dort stammt auch eine – für uns nicht nachvollziehbare -  verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, die zu einer Bundesratsinitiative von Mecklenburg-Vorpommern geführt hatte. Diese Situation war der Anlass für das Tätigwerden des Ministeriums zu diesem Thema.

 

In Folge dessen war es in den ersten Terminen mit dem Ministerium und dem difu unser Anliegen, die völlig anders gelagerte Problematiken eines stark touristisch frequentierten aber sonst auch sehr wohl prosperierenden Oberzentrums einzubringen. Das BMUB verfolgte aber einen Gesetzentwurf, der einem liberalen Grundsatz folgt.

 

Dies bestätigt zwar grundsätzlich die bisherige Verwaltungspraxis in der Stadt Bamberg. Der Gesetzesentwurf ist folglich geeignet, Rechtssicherheit zu schaffen. Der Gesetzesentwurf ist aber nicht geeignet, den Gemeinden griffige Steuerungsinstrumente an die Hand zu geben.

 

Die vom Bundesministerium vorgeschlagene Regelung im Hinblick auf die Ferienwohnungen wurde von den städtischen Teilnehmern (Planungsamt und Fachbereich Baurecht) folglich eher kritisch beurteilt.

 

Im Ergebnis wurde auf Initiative des zuständigen Bundesministeriums eine Gesetzesänderung beschlossen, die sich von dem ursprünglichen Entwurf zur Thematik Ferienwohnungen (d.h. „Küstenregelung) nicht unterscheidet. Die städtischen Teilnehmer an diesem Planspiel sind mit ihrer Mitwirkung trotzdem nicht unzufrieden, da z. B. im Hinblick auf weitere Änderungen im BauGB, wie z.B. die neuen „Urbanen Gebiete (MU)“, wichtige Änderungen erreicht werden konnten.

 

Parallel zu planungsrechtlichen Überlegungen hat die Bauverwaltung auch geprüft inwieweit sanierungsrechtliche Instrumente zum Einsatz kommen könnten. Zumindest in denjenigen bestehenden Sanierungssatzungsgebieten, in denen eine Stärkung des Wohnens als Sanierungsziel formuliert ist, kann dies durchaus nutzbar gemacht werden, wenn zudem in den jeweiligen Satzungen eine sanierungsrechtliche Genehmigungspflicht festgeschrieben ist. Diese Voraussetzungen sind in den Sanierungsgebieten „Sand“, „Bamberg-Mitte“ und „Aktive Kettenbrücke-Königstraße-Bahnhof“ erfüllt und decken damit eine erhebliche Fläche im Bereich des Welterbes ab.

 

Vor diesem Hintergrund wird vorgeschlagen, dass das Baureferat in diesen Gebieten auf der Basis des Sanierungsrechtes eine restriktive Linie verfolgt. Betroffen hiervon sind aktuell 7 Anträge bezüglich 27 Ferienwohnungen.

 

Die Stadtratsfraktion „Freie Wähler Bamberg“(nun „Bamberger Allianz“) hat zum Thema Ferienwohnungen am 06.05.2016 den Antrag gestellt, „die Erteilung von Baugenehmigungen für Ferienwohnungen zunächst zurückzustellen“.

 

 

2. Zweckentfremdungssatzung für die Stadt Bamberg:

 

Hierzu liegen aktuell zwei Anträge vor:

 

  • Antrag Nr. 2016-82 der Bamberger Allianz vom 06.05.2016,
  • Antrag Nr. 2016-10 der GAL vom 03.02.2016.

 

Inhaltlich wird in beiden Schreiben die Sorge vorgetragen, dass die Zahl der Ferienwohnungen, insbesondere in sensiblen Stadtbereichen, immer weiter steige und zum Teil schon bedenkliche Dimensionen angenommen habe. Es wird befürchtet, dass hierdurch preisgünstige Wohnungen vor allem für Familien und Studenten dem Markt entzogen würden.

 

Die Problematik der Ferienwohnungen wurde in der Sitzung des Bau- und Werksenates am 03.02.2016 behandelt. Im Sitzungsvortrag wurde eine Anzahl von 330 Ferienwohnungen festgestellt. Im Rahmen der Volkszählung 2011 wurden 204 Ferienwohnungen festgestellt. Insgesamt gab es zum Stichtag 09.05.2011 in Bamberg 41.138 Wohnungen, davon 28.037 Mietwohnungen. Damit errechnet sich ein aktueller Ferienwohnungs-Anteil von 0,8% bezogen auf alle Wohnungen und von 1,2% bezogen auf Mietwohnungen. Der allgemeine Leerstand betrug zur Volkszählung 3,3 %.

 

Zum Stand Mai 2017 befinden sich 149 Ferienwohnungen im Genehmigungsverfahren. Wie die Daten der Volkszählung belegen, existiert jedoch eine Dunkelziffer.

 

Angesichts des im Verhältnis zur Wohnungsanzahl, trotz „Dunkelziffer“, doch relativ geringen Anteils an Ferienwohnungen ist aus Sicht der Verwaltung die Anwendung des Instrumentariums einer „Wohnraumzweckentfremdungssatzung (gem. Art. 2 ZwEWG (Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum, aktuell auf unbefristete Zeit verlängert) kritisch zu diskutieren.

 

 

Zweckentfremdungssatzung

 

Es gilt das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG). Danach erfasst eine kommunale Zweckentfremdungssatzung generell die Umwandlungen von Wohnraum in Nichtwohnraum. Eine Reduzierung ausschließlich auf Ferienwohnungen wäre danach rechtlich nicht zulässig.

 

Insbesondere wären daher die folgenden Vorgänge betroffen:

 

  • Überlassung oder Verwendung des Wohnraumes für gewerbliche oder berufliche (selbständige) Zwecke
  • Überlassung zum Zweck einer dauernden Fremdenbeherbergung
  • Bauliche Veränderungen, dass Wohnraum nicht mehr als solcher genutzt werden kann.
  • Wohnungszusammenlegung
  • Leerstand länger als 3 Monate
  • Beseitigung

 

Die Einführung einer Zweckentfremdungssatzung hätte daher über die Wirkung einer Verhinderung von Ferienwohnungen hinaus einen deutlich größeren Einwirkungsbereich in die Stadtgesellschaft. Hinzu kommt, dass nach dem ZwEWG die Satzung nur für das gesamte Gemeindegebiet erlassen werden kann, daher alle Bereiche des Stadtgebietes erfasst würden. Die Auswirkungen auf andere Bereiche als den Ferienwohnungsmarkt, wie beispielsweise die Umwandlung von Wohn- in Gewerberaum, sind daher nicht oder bestenfalls nur grob überschlägig abzuschätzen.

 

Weiterhin erforderte die Einführung einer Zweckentfremdungssatzung einen nicht unerheblichen bürokratischen Aufwand, der einen entsprechenden Einsatz an Personal- und Sachkosten notwendig machen würde. Neben der Prüfung und Verbescheidung von Genehmigungen oder Versagungen, sind auch sog. Negativatteste auszustellen, Ausgleichsmaßnahmen oder Ausgleichszahlungen anzuordnen sowie entsprechende Außendienste zu organisieren und erforderlichenfalls auch die entsprechenden Ordnungswidrigkeitsverfahren durchzuführen sowie ggf. Gerichtsverfahren zu begleiten.

 

Dieser mit der Einführung einer Zweckentfremdungssatzung verbundene, zusätzliche Aufwand könnte nicht innerhalb der bestehenden Strukturen abgebildet werden. Nach den Erfahrungen anderer Kommunen müsste hierfür voraussichtlich zumindest eine Stelle, wahrscheinlicher jedoch zwei Stellen, neu geschaffen werden. Für den erforderlichen ersten Schritt der Feststellung des Ist-Zustandes (=Datenbasis), insbesondere bei der erstmaligen Erfassung des Leerstandes, müsste daneben temporär zusätzliches Personal bereitgestellt werden.

 

Problematisch kann nach den Erfahrungen anderer Städte in der Umsetzung insbesondere die Thematik der Zweckentfremdung bei Leerstand sein. Faktisch sähen sich Eigentümer und Verwalter mit einem Vermietungsgebot konfrontiert, was allerdings im Vollzug rechtlich fragwürdig und damit nur bedingt umsetzbar ist.

 

 

Sanierungssatzung

 

In Sanierungsgebieten, in denen eine Stärkung des Wohnens als Sanierungsziel formuliert ist, kann eine Umwandlung von Wohnraum in Nichtwohnraum verwaltungsrechtlich verhindert werden. Da Sanierungsgebiete zeitlich befristet sind, greift irgendwann diese Möglichkeit nicht mehr.

 

Die Verhinderung unerwünschter städtebaulicher Missstände in einzelnen, bestimmten Bereichen, beispielsweise durch eine städtebaulich nicht mehr verträgliche Ballung von Ferienwohnungen in definierten Straßenzügen etc., könnte – im Einzelfall – auch mit bauleitplanerischen Festsetzungen begegnet werden.

 

Das Sanierungsrecht und die Bauleitplanung haben jedoch umfassende Nachteile der räumlichen Begrenzung, der langen Verfahrensdauer und der umfangreichen Abstimmungsverfahren. Insbesondere die räumliche Begrenzung führt sofort zum Vorwurf der Willkür und Ungleichbehandlung. Ein nachhaltiger Erfolg wird seitens der Verwaltung nicht erwartet. Daher können diese Instrumente von der Verwaltung nicht empfohlen werden.

 

 

Beispiel Bayern:

 

In Bayern verfügt aktuell allein die Landeshauptstadt München über eine Zweckentfremdungssatzung. Städte wie Nürnberg, Augsburg und Regensburg haben dies bislang abgelehnt. Die Erfahrungen der Landeshauptstadt München finden sich ein einigen Medienveröffentlichungen jüngerer Zeit – insbesondere im Zusammenhang mit der Diskussion um die geplanten Überarbeitung des ZwEWG – wieder. Demnach ist der Wirkungsgrad der Zweckentfremdungssatzung nicht durchschlagend. Zweckentfremdung findet weiterhin statt, die Kontrolldichte wird als nicht sehr hoch beschrieben.

 

In der Stadtverwaltung München existiert hierzu eine eigene Abteilung mit ca. 25 Mitarbeitern, davon 8 Mitarbeiter im Außendienst. Die Aufgabenstellung dieser Abteilung Wohnraumerhaltung beschäftigt sich zu ca. 2/3 mit den Aufgaben der kommunalen Zweckentfremdungssatzung und zu ca. 1/3 mit der Aufgabe Vollzug von kommunalen Erhaltungssatzungen. Mit dem Vollzug der Wohnraumzweckentfremdungssatzung sind somit in München ca. 17 Mitarbeiter beschäftigt – umgerechnet auf die Größenverhältnisse von Bamberg würde dies die Neuschaffung von ca. 1,5 bis 2 Planstellen bedeuten. Nach Auskunft der Kollegen aus München erfordert der Vollzug der kommunalen Zweckentfremdungssatzung für privaten Wohnraum nicht nur einen erheblichen Verwaltungsaufwand für Genehmigungen, Ablehnungen, Negativatteste, Ersatzzahlungen und Anordnung von Ersatzwohnraum sondern auch für die Überwachung dieser Anordnungen, für den Außendienst sowie für Ordnungswidrigkeiten- und Klageverfahren. Im Ergebnis ist nach den Erfahrungen der Stadt München ein erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand für den Vollzug einer solchen kommunalen Zweckentfremdungssatzung mit deren Einführung zwingend verbunden.

 

 

Beispiel Berlin

 

Auch in Berlin fällt die Bilanz der dortigen Zweckentfremdungssatzung bescheiden aus. ….“Von den ohnehin lediglich rund 6100 Ferienwohnungen, die nach Auskunft der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in den Bezirken bis zum Stichtag 30. April 2016 fristgerecht angemeldet waren, wurden bislang nur rund 2500 "dem Wohnungsmarkt wieder zugeführt", wie es im Behördenjargon der Verwaltung heißt. Die Dunkelziffer der ungemeldeten Wohnungen dürfte weitaus größer sein. Nach Angaben einer Studie des Immobilienentwicklers GBI gab es 2016 in Berlin 14.393 Wohnungen, die komplett und das ganze Jahr Berlin-Besuchern zur Verfügung standen...“ (Berliner Morgenpost, 30.04.2017). Für die Umsetzung der Zweckentfremdungssatzung gibt es in Berlin aktuell ca. 60 Personalstellen.

 

 

Fazit

 

Eine sog. Zweckentfremdungssatzung führt im Ergebnis zu erheblichen Eingriffen in den gesamten Wohnraummietmarkt in der Stadt. Dies allein mit dem Erfordernis der Steuerung des Ferienwohnungsangebotes zu begründen erscheint angesichts der aufgezeigten Relation der bekannten Ferienwohnungen zum vorhandenen Mietwohnraum nur mehr bedingt verhältnismäßig. Zudem steht zu befürchten, dass nach den Erfahrungen anderer Städte, mit der Einführungen dieses Instrumentariums Erwartungen geweckt werden könnten, welche im praktischen Vollzug jedoch nicht erfüllt würden.

 

Bei Abwägung des potenziell möglichen Nutzens für die Entlastung des örtlichen Wohnungsmarktes einerseits und des zwingend notwendigen, zusätzlichen sachlichen und finanziellen Verwaltungsaufwandes für den Vollzug einer kommunalen Zweckentfremdungssatzung andererseits, kann der Erlass einer solchen Satzung nicht empfohlen werden. Vielmehr sollten alle Ressourcen auf die notwendige Stärkung des Wohnungsneubaus in der Stadt Bamberg gebündelt werden, Genehmigungszeiten verkürzt und Bauland geschaffen werden.

 

 

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II. Beschlussvorschlag

II.Beschlussvorschlag:

 

1.Der Konversionssenat nimmt den Sitzungsvortrag zur Kenntnis.

 

2.Der Konversionssenat beauftragt die Verwaltung die sanierungsrechtlichen Möglichkeiten für eine restriktive Haltung gegenüber Ferienwohnungsanträgen in Sanierungsgebieten zu nutzen.

 

3.Der Antrag der GAL-Stadtratsfraktion (Nr. 2016-10) vom 03.02.2016 und der Antrag der BA-Stadtratsfraktion (Nr. 2016-82) vom 06.05.2016 sind geschäftsordnungsgemäß behandelt.

 

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

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Anlagen

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