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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2010/0949-61

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Beratungsfolge

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I.              Sitzungsvortrag:

 

Die FW-Stadtratsfraktion hat mit Schreiben vom 8.12.2009 beiliegenden Antrag gestellt.

 

Darin wird beantragt, dass sich der Grundsatzsenat mit folgenden Grundsatzfragen beschäftigen möge:

a)         welche Entwicklungsziele für die Innen- und Altstadt angestrebt werden.

b)        Welche Grundsatzentscheidungen weichenstellend sind resp. sein können.

 

Genau diese Fragen waren auch ausschlaggebend für die Durchführung des Mediationsverfahrens "Zukunft Innenstadt Bamberg" (Masterplan Innenstadt):

Aufbauend auf der Idee eines für die Stadt Bamberg bisher neuartigen Verfahrens einer „Beteiligungskultur“ im Rahmen des Zielfindungsprozesses „Verkehr in Bamberg“ durch das Stadtplanungsamt, wurde das Baureferat mit Beschluss des Stadtrates vom 28.3.2007 mit der Durchführung eines moderierten Zielfindungsprozesses „Zukunft Innenstadt Bamberg“ beauftragt.              

Ziel war, in einem fachlich vernetzten Herangehen gemeinsam mit Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Einzelhandel und Öffentlichkeit konsensfähige und umsetzbare Entwicklungsziele zur Aufwertung und Weiterentwicklung der Innenstadt zu formulieren, diese Ziele durch Maßnahmen und Projekte zu konkretisieren sowie Umsetzungsprioritäten und ggf. das weitere Vorgehen festzulegen.

Die Ergebnisse dieses spezifizierten Mediationsverfahrens liegen in Form einer von allen Teilnehmern unterzeichneten Konvention vor.

Ausgehend von 7 Oberzielen

1. Das Weltkulturerbe als Qualitätsmaßstab in der Gestaltung begreifen und als Chance zur Wertschöpfung sehen.

2. Die Einkaufsqualität der Innenstadt ausbauen und Kaufkraft binden.

3. Events und Belastungen der Innenstadt dezentralisieren.

4. Königstraße und Lange Straße als Teil der Innenstadt begreifen.

5. Die Wohnfunktion der Innenstadt ausbauen.

6. Die Erreichbarkeit der Innenstadt sichern.

7. Den Motorisierten Individualverkehrs deutlich beruhigen und reduzieren.

 

 

 

wurden für die Bereiche

-          Aufenthaltsqualität und öffentlicher Raum

-          Attraktive Urbanität und Erlebnischarakter

-          Wohnen

-          Verkehr

einzelne Zielvereinbarungen entwickelt, die von der Verwaltung referatsübergreifend ein Aktionsplan erarbeitet, der die Zielvereinbarungen der Konvention konkretisiert und (soweit bereits möglich) den zeitlichen Ablauf darstellt. Dieser Aktionsplan wurde vom Stadtrat in seiner Sitzung am 22.10.2008 beschlossen.

 

Damit liegt bereits ein entscheidender Beitrag zur Lösung langjähriger Probleme und beinahe endloser Diskussionen vor.

 

Da in der Diskussion und auch im Vorliegenden Antrag immer wieder der Begriff der „Rothenburgisierung“ verwendet wird, soll im Folgenden dieser näher betrachtet werden:

 

1. Rothenburg ob der Tauber

 

Die Stadt Rothenburg ob der Tauber hat ca. 12.500 Einwohner.

Die historische Altstadt innerhalb der Stadtmauer hat eine Ausdehnung von rund 36 ha.

Innerhalb dieser Altstadt befinden sich (Stand Ende 2008):

2.900 Einwohner

ca. 420.000 m² BGF in Gebäuden, davon

-          41 % Wohnen

-          24 % Dienstleistung

-          12 % Gewerbe und Einzelhandel

-          9 % Sonstiges

-          14 % ohne Nutzung

3324 Stellplätze, davon

-          2046 Stellplätze innerhalb der Mauer, davon 1150 privat

-          1278 Stellplätze außerhalb der Mauer

 

Die hohen Zahlen an Gewerbebetrieben und Arbeitsplätzen innerhalb der historischen Altstadt von Rothenburg o.d.T. stellen im Vergleich zu anderen Städten gleicher Einwohnerzahl gute Werte dar. Rothenburg o.d.T. ist keineswegs ein ausgestorbenes Museum, sondern ein lebendiges Gemeinwesen. In diesem Sinne ist „Rothenburgisierung“ durchaus vorbildlich zu sehen.

 

Problematisch ist allerdings die Zahl von öffentlichen Stellplätzen innerhalb der Altstadt. Diese sind parkierungszeitlich begrenzt, innerhalb der Parkdauer aber gebührenfrei. Damit ist es für jeden Touristen leicht möglich, bis ins Herz der Altstadt hinein zu fahren, dort eine Stunde kostenlos zu parken und in dieser einen Stunde ein paar „romantische Fotos“ zu machen, ein paar Souvenirs zu kaufen, einen „Schneeball“ zu essen und wieder wegzufahren.

 

„Besichtige Bamberg in einer Stunde“ funktioniert genauso. Von einem ebenerdigen innerstädtischen Parkplatz in Bamberg aus kann der Tourist problemlos innerhalb einer Stunde das Alte Rathaus fotografieren und den Bamberger Reiter, Ansichtskarten und eine Flasche Rauchbier kaufen und dann wieder weiterfahren.

Das wäre Rothenburgisierung!

 

 

2. Folgen der „Rothenburgisierung“

 

Als Folge dessen, dass in Rothenburg jahrzehntelang einseitig auf den schnellen Autokurzbesucher gesetzt worden ist, ist die Wohnnutzung in der Altstadt rückläufig. Viele Obergeschosse stehen leer. Investitionen in Rück- und Nebengebäude zur Schaffung neuen Wohnraums unterbleiben. Im Wesentlichen sind alte Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund als Altstadtbewohner verblieben. Für junge Menschen und insbesondere Familien ist das Wohnen in der Altstadt nicht attraktiv, weil die Verkehrsbelastung zu hoch, die Wohnumfeldqualitäten zu gering und die Geschäftsstrukturen zu einseitig sind.

 

3. Bamberg

 

Die Stadt Bamberg hat ca. 70.000 Einwohner.

Das Stadtdenkmal hat eine Ausdehnung von 470ha.

Innerhalb des Stadtdenkmals befinden sich:

9.887 Gebäude

-          davon über 50% Nebengebäude

ca. 24.750 Einwohner

1.932 Betriebsstätten

-          mit 11.566 Beschäftigten

darunter:

-          18 Cafes

-          6 Eissalons

-          38 Hotels/Gasthöfe/Pensionen

-          78 Gaststätten

33 Schulen

-          mit über 8.000 Schülerinnen und Schülern

1 Universität

-          mit ca. 9.000 Studierenden

ca. 24.000 Stellplätze, davon

-          ca. 14.000 privat

 

Damit nimmt die Stadt Bamberg unter den Städten vergleichbarer Größenordnung eine herausragende Sonderstellung in ganz Deutschland ein. Allenfalls in der Schweiz gibt es Städte, welche dieses Maß an Zentralität und Urbanität bei vergleichbarer Einwohnerzahl noch übertreffen können. Bamberg ist keineswegs ein ausgestorbenes Museum, sondern ein lebendiges Gemeinwesen.

Die Stärke dieses Gemeinwesens liegt in der Nutzungsvielfalt. Das Stadtdenkmal ist Ort des Wohnens, des Arbeitens, des Lernens, des Handels, der Dienstleistung, der Kultur und der Freizeit. Zwischen diesen Nutzungsarten hat es in der Vergangenheit immer Verschiebungen gegeben und wird es auch in Zukunft Verschiebungen geben.

Wichtig wird es sein, dass keine Nutzung zu Lasten einer anderen zu sehr die Oberhand gewinnt. Denn natürlich bedeutet eine deutliche Zunahme der Freizeitnutzung einen Rückgang der Wohnnutzung, der sich dann auch wieder in einem Rückgang der Handelsnutzung niederschlagen würde.

Stadtplanerisches Ziel ist das gesunde Gleichgewicht der vielfältigen Nutzungen im Stadtdenkmal Bamberg.

 

 

4. Kurortsatzung

 

In Bamberg existiert eine vom Stadtrat beschlossene Satzung, welche in bestimmten Lagen den Sonntagsverkauf von touristisch relevanten Waren gestattet. Diese Weichenstellung des Stadtrats hat zur Folge gehabt, dass sich im Geltungsbereich dieser Satzung tatsächlich touristisch ausgerichtete Geschäfte angesiedelt haben. Ein Zusammenhang zu irgendwelchen Verkehrskonzepten besteht nicht.

Wenn der Stadtrat die Satzung aufhebt, wird er sich dem Vorwurf der Provinzialität ausgesetzt sehen. Es wird aber sicherlich auch die Zahl, der einseitig touristisch ausgerichteten Geschäfte zurückgehen.

Wenn der Stadtrat den Geltungsbereich der Satzung ausdehnt, bestünde die Gefahr der „Rothenburgisierung“, weil Geschäfte des täglichen Bedarfs zurück gedrängt werden.

 

 

 

 

 

 

 

5. Einwohner

 

Der Schlüssel zur Lösung der Probleme Rothenburgs wird dort im Zurückholen der Einwohner gesehen.

In Bamberg sind die Einwohner noch vorhanden. Dennoch sind aber auch in Bamberg Wegzugstendenzen in stark belasteten Lagen festzustellen: Straßen mit hoher Lärm- und Abgasbelastung einerseits und Straßen mit hoher Eventbelastung andererseits weisen rückläufige Einwohnerzahlen auf.

 

Der Stadtrat von Rothenburg hat die gesamte Altstadt zum „Soziale-Stadt-Gebiet“ erklärt, um gegen die Schieflage anzukämpfen und wieder eine gesunde Bewohnermischung zurückzuerlangen. Bamberg kann diese Bewohnermischung bewahren, wenn es dieses Ziel durch konsequente Entlastungen von Lärm- und Abgasbelastungen verfolgt.

 

 

 

Zusammenfassung:

 

Der Begriff „Rothenburgisierung“ ist irreführend, falsch und lenkt von den eigentlichen Problemen ab.

Im Mediationsverfahren "Zukunft Innenstadt Bamberg" (Masterplan Innenstadt) wurde versucht Aussagen darüber zu erarbeiten, wie sich die Bamberger Innenstadt weiter entwickeln soll. In diesen Prozess wurden die Belange der Wirtschaft, des Einzelhandels, des Tourismus etc. mit eingebracht. Unter Abwägung aller Belange wurden die bereits eingangs beschriebenen Ziele für die Entwicklung der Bamberger Innenstadt formuliert.

Darauf aufbauend wurden die sektoralen Konzepte (Tourismuskonzept, Einzelhandelskonzept) konkretisiert.

 

Was die Stoßrichtung der touristische Entwicklung der Stadt Bamberg angeht, so wird hierzu auf die generellen Aussagen des Tourismuskonzeptes aus dem Jahr 2008 verwiesen. Bezüglich der qualitativen Betrachtung des Tourismus wird ein einheitliches Oberziel formuliert, welches im Übernachtungs- und Tagestourismus auf unterschiedliche Weise erreicht werden soll.

Abbildung: Qualitative Ziele der touristischen Entwicklung Bambergs

 

In der Verkehrspolitik gilt das verkehrspolitische Leitbild der „Plafondierung“. Die Verkehrspolitik der Plafondierung hat das Ziel, den ModalSplit von 1997 zu stabilisieren und zu erhalten. Dies trotz der anstehenden, größtenteils autoorientierten Planungen und der zu erwartenden Steigerung des Gesamtverkehrsaufkommens.

Im Zusammenhang mit den angestrebten strukturellen Veränderungen bedeutet dies, dass damit der MIV weiter zunehmen wird - mit allen Begleiterscheinungen wie Luftverschmutzung etc. Des Weiteren sind im Rahmen der Bauleitplanung die Innenstadtbereiche aufgrund brachliegender Nutzungen in der Zukunft verstärkt als Wohnstandorte zu entwickeln. Diese Planungen sind als Chance, aber auch als Verpflichtung zu verstehen, in diesen sensiblen Bereichen den Verkehr mit seinen negativen Auswirkungen zu reduzieren und ggf. auf alternative Verkehrsmittel oder Fahrtrouten zu verlagern. Dazu ist es notwendig, dass die Verkehrsarten des Umweltverbundes mehr Verkehrsarbeit leisten als bisher. Den Verkehrsarten werden in diesem Zusammenhang bestimmte Aufgabenstellungen zugewiesen. In vier Teilprogrammen für den ÖPNV, Fußwegeverkehr, Fahrradverkehr und Kraftfahrzeugverkehr wurden im Teil C „Programmplanung“ diese Aufgaben für den Bereich der Stadt Bamberg formuliert.

Die ModalSplit-Werte von 1997 wurden im Frühsommer 1997 im Rahmen einer Haushaltsbefragung erhoben. Im Frühsommer 2005 wurde erneut eine Haushaltsbefragung durchgeführt.

Die dabei ermittelten Werte wurden den Werten von 1997 gegenübergestellt.

 

 

Abbildung: Verkehrsmittelwahl 1997 und 2005 im Vergleich (Gesamtverkehr)

 

 

Dies alles zusammengenommen findet sich in den Ergebnissen des Mediationsverfahrens "Zukunft Innenstadt Bamberg" (Masterplan Innenstadt) wieder.

Dass nun wieder polarisiert wird ist bedauerlich.

Die Stadt ist ein lebendiger Organismus, in dem alles in einem abgesteckten Rahmen möglich sein sollte. Unter dieser Prämisse müssen Handel und Wandel, Wohnen und leben, und auch qualitätvolle Events möglich sein.

Der Verkehr ist dabei kein Selbstzweck, sondern hat dienende Funktion, wobei seine negativen Auswirkungen minimiert werden müssen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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II. Beschlussvorschlag

II. Beschlussantrag:

 

1.       Der Grundsatzsenat nimmt den Bericht des Baureferates zur Kenntnis.

2.       Der Antrag der FW-Stadtratsfraktion vom 8.12.2009 ist damit geschäftsordnungsmäßig erledigt.

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

X

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Wirtschafts- und Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzreferates:

 

Hans Zistl-Schlingmann)              Stadtplanungsamt:           ..............................

Baureferent              (Harald Lang)

              ..............................
              (Bernhard Leiter)

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