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ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2021/4376-10

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Beratungsfolge

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I. Sitzungsvortrag:

 

Mit Schreiben vom 06.11.2021 beantragen die VOLT-ÖDP-BM-Stadtratsfraktion, die Stadtratsfraktion Grünes Bamberg, die SPD-Stadtratsfraktion, die BaLi-Die PARTEI-Stadtratsfraktion sowie die FW-BuB-FDP-Stadtratsfraktion ein Online-Streaming aus Stadtratssitzungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt umzusetzen. Die formalen Voraussetzungen für ein Online-Streaming aus Vollsitzungen des Bamberger Stadtrates wurden bereits mit Beschluss des Stadtrates vom 24.03.2021 (VO/2021/4132-10 Änderung der Geschäftsordnung) geschaffen. Darüber hinaus wurde die Stadtverwaltung beauftragt, vor einer konkreten Umsetzung des Online-Streamings zunächst Unterstützungsmöglichkeiten der Stadt Bamberg für die Stadtratsmitglieder im Falle einer missbräuchlichen Verwendung von Bild- und Tonübertragungen durch Dritte im Rahmen des Online-Streamings zu prüfen und dem Stadtrat hierzu erneut zu berichten.

 

Die entsprechende Prüfung ergab dabei folgendes Ergebnis:

 

  1. Ansprüche aus dem Persönlichkeitsrecht (Stadtratsmitglieder)

Wird das Bild- und Tonmaterial durch Unbefugte ohne Einwilligung des Abgelichteten verwendet oder verändert oder geschieht dies in einer Art und Weise, die geeignet ist, die Persönlichkeit des betroffenen Stadtratsmitgliedes herabzuwürdigen, so steht diesem grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung bzw. Geldersatz aufgrund erlittener immaterieller Schäden gegen den Unbefugten zu (§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i. V. m. §§ 22, 23 Abs. 2 KUG). Unter welchen Voraussetzungen genau eine anspruchsbegründende rechtsverletzende Handlung vorliegt, bedarf hier keiner genaueren Betrachtung, da selbst bei deren unterstelltem Vorliegen eine Rechtsberatung/-verfolgung durch die Stadt Bamberg ausgeschlossen wäre.

Anspruchsinhaber ist das jeweilige Stadtratsmitglied als natürliche Person, nicht jedoch die Stadt Bamberg als juristische Person; für die Stadt handelte es sich bei der rechtlichen Unterstützung mithin um eine fremde Angelegenheit i. S. d. § 2 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG).


Die Geltendmachung derartiger Ansprüche unter Zuhilfenahme von Rechtsberatung durch Personal der Stadt Bamberg ist nach den Vorgaben des RDG nicht möglich, da diese Dienstleistungen durch öffentliche Stellen nur in Ausnahmefällen zugelassen sind (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 RDG), mithin im Übrigen zu unterbleiben haben (§ 3 RDG). Dass die Dienstleistung dabei nicht gegen Entgelt erfolgt, ändert mit Blick auf § 6 RDG nichts, da § 8 RDG insoweit als speziellere Regelung maßgeblich ist. Danach sind nur Rechtsdienstleistungen im Rahmen des behördlichen Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs erlaubt. Soweit die Behörde nicht gesetzlich ausdrücklich ermächtigt ist, rechtsdienstleistend tätig zu werden, etwa nach Art. 25 BayVwVfG, § 11 SGB XII, ist zu entscheiden, ob die Rechtsdienstleistung noch von der Aufgabenzuweisung an die Behörde oder juristische Person gedeckt ist. Die allgemeine Rechtsberatung von Bürger gehört nicht zu den Aufgaben der Gemeinden. Auch wenn die Bild- und Tonaufnahmen der Stadtratsmitglieder im inneren Zusammenhang mit der Arbeit des gemeindlichen Kollegialorgans stehen und der jeweiligen Wahrnehmung/Erfüllung mitgliedschaftlicher Rechte und Pflichten erwachsen, so betreffen die möglichen Rechtsverletzungen die Stadtratsmitglieder nicht in ihrer mitgliedschaftlichen Stellung, sondern allein als Person selbst, die sich insoweit nicht von einem sonstigen Bürger abgrenzt.

 

Dem Vorgenannten kann auch nicht durch eine Abtretung der Ansprüche des betroffenen Stadtratsmitglieds an die Stadt Bamberg begegnet werden. Unabhängig von der Frage, ob eine derartiges Vorgehen nicht ohnehin als Inkassodienstleistung (§ 2 Abs. 2 S. 1 RDG) zu werten wäre und entsprechend den einschränkenden Regelungen des RDG unterfiele, steht die höchstpersönliche Natur der aus dem Persönlichkeitsrecht abgeleiteten Ansprüche der Möglichkeit einer Abtretung entgegen. Entsprechend kann somit nicht ein eigener Anspruch der Stadt Bamberg aus übergegangenem Recht generiert werden, dessen Geltendmachung in den Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Stadt fiele.

 

Des Weiteren stellt das Prozessrecht mit § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO (Anwaltszwang vor dem Landgericht) für das juristische Personal der Stadt Bamberg eine nicht überwindliche Hürde dar, da dieses aufgrund seiner dienst- und arbeitsrechtlichen Stellung nicht über eine Anwaltszulassung verfügt und mithin nicht postulationsfähig wäre.

 

Mithin kommt nach hiesiger Einschätzung lediglich in Betracht, dass die jeweils betroffenen Stadtratsmitglieder ihrerseits eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragen. Dabei wäre zwar denkbar, dass die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung auf Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes als freiwillige Unterstützung der ehrenamtlichen Stadtratsmitglieder bzw. im Wege der Aufwandsentschädigung der ehrenamtlichen Tätigkeit durch die Stadt Bamberg im Nachgang erstattet würden. Eine Abschätzung der anfallenden Kosten erscheint aufgrund der Vielschichtigkeit der denkbaren Einzelfälle jedoch schwierig und im Hinblick auf eine Bezifferung eines Aufwandswertes in der Entschädigungssatzung nicht zielführend. Insbesondere müsste die Stadt Bamberg eine Art eigenen Versicherungskatalog erarbeiten, um im Vorfeld festlegen zu können, in welchen Fällen letztlich eine Erstattung tatsächlich erfolgen kann.

 

Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, seitens der Stadt Bamberg auf bestehende Versicherungsangebote zurückzugreifen, welche dann nach festen Kriterien Versicherungsschutz für die Stadtratsmitglieder gewährleisten. Bezüglich der Kostenübernahme durch die Stadt Bamberg und die Vereinbarkeit mit den haushalts- und kommunalrechtlichen Grundsätzen wurde eine Stellungnahme von der Regierung von Oberfranken angefordert. Da das Thema bayernweit an Relevanz gewonnen hat, wurde der Sachverhalt von der Regierung von Oberfranken an das Bayerische Innenministerium zur Entscheidung vorgelegt: Nach Auffassung des Bayerischen Innenministeriums ist es vertretbar, wenn die Gemeinde für Fälle missbräuchlicher Verwendung von Bild- und Tonübertragungen von Gemeinderatssitzungen im Internet betroffenen Gemeinderatsmitgliedern für zivilrechtliche Unterlassungs- oder Schadensersatzklagen Hilfe anbietet. Die Kosten für den Abschluss einer solchen Versicherung bzw. die entsprechende Erweiterung der bestehenden Rechtsschutzversicherung belaufen sich auf ca. 2.000 € pro Jahr.

 

  1. Ansprüche aus dem Urheberrecht (Stadt Bamberg)

Eine indirekte Unterstützung der Stadtratsmitglieder wird man dann erkennen können, wenn die Stadt Bamberg aus ihrer Eigenschaft als (Mit-)Urheberin oder Inhaberin der Verwertungsrechte gegen Verwendungen/Veränderung des gestreamten Bild- und Tonmaterials mit dem Ziel der Unterlassung vorgeht. Als eigene Ansprüche der Stadt Bamberg kommen diese nach den §§ 94 Abs. 1 (hinsichtlich eines verkörperten Filmwerks), 95 und 97 Abs. 1 UrhG grundsätzlich in Betracht.

Insoweit dürfte die live-übertragene/gestreamte Stadtratssitzung am ehesten dem Filmbegriff unterfallen oder ein filmähnliches Werk darstellen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG), sofern sie als persönliche geistige Schöpfungen zu klassifizieren sind. Schöpferisch sind in erster Linie Regie, Bildgestaltung, Schnitt und die weiteren gestalterischen Leistungen. Hier sind an die schöpferische Gestaltungshöhe keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, wodurch auch die Dokumentation eines Geschehens durch überwiegend schlichtes Abfilmen noch ein urheberrechtlich schützenswertes Werk darstellen kann (so bspw. die Live-Übertragung eines Fußballspiels, u.a. wegen Kameraführung, Bildregie und Kommentar). Darüber hinaus ist zu sehen, dass selbst für Fall der Verneinung eines Films mit Werkqualität der schützenswerte wirtschaftliche und organisatorische Aufwand des Filmherstellers durch den über § 95 UrhG vermittelten Leistungsschutz abgesichert wird und der Schutz für Filmwerke weitgehend entsprechend besteht, wodurch sich die Frage nach der Werkqualität weitgehend erübrigen dürfte.

 

Entsprechend wird die Stadt Bamberg ihre diesbezüglichen Rechte und Ansprüche selbstverständlich im Bedarfsfalle prüfen und mit Nachdruck verfolgen, wodurch die Interessen der betroffenen Stadträte wohl vollumfänglich ohne weiteres Zutun mit abgedeckt würden. Die Geltendmachung eigener Ansprüche der Stadtratsmitglieder bliebe hiervon unberührt.

 

  1. Strafrechtliche Handlungen

Soweit durch die missbräuchliche Verwendung des Streams strafrechtliche Handlungen in Rede stehen, wird eine Strafanzeige über die Rechtsabteilung der Stadt Bamberg ergehen. Die weitere Bewertung der strafrechtlichen Relevanz des angezeigten Sachverhalts sowie die hierzu ergehenden Ermittlungen obliegen jedoch ausschließlich den Strafverfolgungsbehörden. Die unter 1. und 2. dargelegten weiteren Unterstützungsmöglichkeiten werden dadurch nicht beschnitten.

 

  1. Zusammenfassung und Empfehlung

Im Falle der missbräuchlichen Verwendung des gestreamten Bild- und Tonmaterials kommen Ansprüche aus unterschiedlichen Blickwinkeln in Betracht. Zum einen solche der einzelnen Stadtratsmitglieder, abgeleitet aus deren Persönlichkeitsrecht, zum anderen solche der Stadt Bamberg selbst, abgeleitet aus deren Urheber-/Verwertungsrecht am Stream. Das Strafrecht flankiert die Ansprüche durch Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden.

 

Die Prüfung ergibt, dass eine Unterstützung am besten über den Abschluss einer entsprechenden Versicherung durch die Stadt Bamberg erfolgen könnte. Des Weiteren kommen eigene Ansprüche der Stadt Bamberg in Betracht, durch deren Geltendmachung indirekt eine Unterstützung der Stadtratsmitglieder erfolgt. Zudem werden strafrechtlich relevante Sachverhalte in diesem Zusammenhang durch die Stadt Bamberg zur Anzeige gebracht.

 

Abschließend sei angemerkt, dass das Online-Streaming aus Vollsitzungen des Bamberger Stadtrates an sich keinerlei Mehrkosten oder Mehraufwand verursacht, da sowohl die technischen als auch organisatorischen Rahmenbedingungen durch die Zulassung von Hybridsitzungen bereits geschaffen wurden und die Kosten für eine etwaige Streaming-Option bei den Kosten für die Durchführung hybrider Sitzungen bereits beinhaltet sind. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Verwaltung, Online-Streaming aus Vollsitzungen des Bamberger Stadtrates zum nächstmöglichen Zeitpunikt umzusetzen und eine entsprechende Rechtsschutzversicherung für die Stadtratsmitglieder abzuschließen.

 

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II. Beschlussvorschlag

II. Beschlussvorschlag:

  1. Der Stadtrat nimmt den Sitzungsvortrag zur Kenntnis.

 

  1. Der Stadtrat stimmt einem Online-Streaming aus Vollsitzungen des Bamberger Stadtrates zu. Die Verwaltung wird beauftragt,

a)        eine Versicherung für die Stadtratsmitglieder abzuschließen, die im Falle missbräuchlicher Verwendung von Bild- und Tonübertragungen aus Stadtratssitzungen die Kosten etwaiger Rechtsstreitigkeiten abdeckt.

b)        die notwendigen Einwilligungserklärungen bei den Stadtratsmitgliedern einzuholen und Online-Streaming aus den Vollsitzungen des Stadtrates so bald wie möglich umzusetzen.

 

  1. Der gemeinsame Antrag der VOLT-ÖDP-BM-Stadtratsfraktion, der Stadtratsfraktion Grünes Bamberg, der SPD-Stadtratsfraktion, der BaLi-Die PARTEI-Stadtratsfraktion sowie der FW-BuB-FDP-Stadtratsfraktion vom 06.11.2021 zum Online-Streaming aus Stadtratssitzungen ist damit geschäftsordnungsmäßig behandelt.

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

 

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von  für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

x

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren: 2.000 EUR p.a.

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

Der Stadtrat trifft die Entscheidung im Rahmen seiner Selbstverwaltungshoheit.

 

 

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