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Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Beschlussvorlage - VO/2021/4727-R4

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Beratungsfolge

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I. Sitzungsvortrag:

 

Die Debatte über eine mögliche Umbenennung des Fritz-Bayerlein-Wegs ist durch die Entscheidung des Stadtrats im Jahr 2020, die beiden Bayerlein-Gemälde im Großen Sitzungssaal im Rathaus sowie zwei weitere im Trausaal abzuhängen und einzulagern, neu aufgeflammt. Erstmals wurde eine Umbenennung in den 90er Jahren diskutiert. Zwei Anträge auf Umbenennung des Wegs von der Stadtratsfraktion BaLi-Die PARTEI vom 16.09.2020 (Anlage 1) inklusive eines begründeten Namensvorschlags sowie ein nicht weiter zu verfolgender (da rechtlich unzulässiger) des Bamberger BürgerBlocks (BBB) vom 11.10.2020 liegen vor. Um ein möglichst breites Meinungsbild zu einer möglichen Umbennung des Fritz-Bayerlein-Wegs zu erhalten, wurde eine Bürgerbeteiligung vorgeschaltet. Das Ergebnis der Beteiligung fließt in die Beratung im Kultursenat und im Stadtrat ein.

 

Der Schul- und Kulturausschuss des Stadtrats hatte in seiner Sitzung am 29.03.1966 beschlossen, den von der Würzburger Straße ab Hausnummer 60, dem ehemaligen Zollhäuschen, abzweigenden Weg "Fritz-Bayerlein-Weg" nach dem "1955 verstorbenen Bamberger Landschafts- und Architekturmaler Fritz Bayerlein zu benennen, der seiner Vaterstadt Bamberg seinen künstlerischen Nachlaß vermachte". In der Vollsitzung vom 28.04.1966 genehmigte der Stadtrat gesammelt die in jener Sitzung des Schul- und Kulturausschusses gefassten Beschlüsse und damit auch diese Straßenbenennung.

 

 

Folgende Fragen stehen in Zusammenhang mit dem Fritz-Bayerlein-Weg im Raum:

 

1. Soll der Fritz-Bayerlein-Weg umbenannt werden?

 

2. Sollte als neuer Name der alte Flurname "Im Reisengarten" gewählt werden?

 

Dieser Vorschlag wurde bereits in den 90ern schriftlich von einem leider mittlerweile verstorbenen Anwohner gemacht, der beantragte, dass "für den Fall, daß der Fritz-Bayerlein-Weg umbenannt werden soll", als neuen Namen "Im Reisengarten" zu nehmen wäre (Akte in der Registratur VI Qu / 769 / 1, Brief vom 12.03.1995). Es handelt sich dabei um eine alte Flurbezeichnung, die der Antragsteller mit Kopien zweier Pläne belegt. Es gibt dort bereits die Hohe-Kreuz-Straßen und dem Lerchenbühl nach historischen Flurbezeichnungen.

 

3. Sollte als neuer Name "Josef-Prenner-Weg" gewählt werden? (Antrag (BALI 16.09.2020)

 

Der gebürtige Bamberger Josef Prenner (1903 - 1992) war Mittelschullehrer und SPD-Mitglied. Josef Prenner zählt zu den "Widerstandskämpfern des kleinen Mannes". Er war zur Zeit des Nationalsozialismus einer langjährigen Haftstrafe und körperlichen Mißhandlungen ausgesetzt und wurde zuletzt ins Strafbataillon 999 und in ein Außenlager des KZ Buchenwald gebracht, bevor er im September 1944 wieder nach Bamberg zurückkehren konnte. Den Vorschlag eines Josef-Prenner-Wegs gibt es schon seit 1996. Die Tochter von Josef Prenner hat im August 1996 den Antrag beim damaligen Bürgermeister gestellt. Weitere Anträge wurden ebenfalls 1996 von der SPD und 2013 und 2014 von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes gestellt.

 

 

Aus den Handreichungen des Deutschen Städtetages "Straßennamen im Fokus einer veränderten Wertediskussion"

 

Straßennamen stellen über Jahrhunderte hinweg ein "kollektives Gedächtnis" dar. Sie sind ein Teil der Erinnerungskultur. Die Straßenbenennung spiegelt stets die aktuellen Verhältnisse, die Weltanschauung und Kultur bis hin zu den Herrschaftsverhältnissen der entsprechenden Zeit wider. Historische Personen, Orte und Ereignisse werden zu unterschiedlichen Zeiten verschieden bewertet, im Speziellen unterliegt die Straßenbenennung nach Personen einem Wandel. Ergibt sich ein markanter Wandel im kollektiven Erinnern und dem damit einhergehenden kollektiven Selbstbild, können bestimmte Straßennamen als geschichtspolitisch umstritten wahrgenommen werden. Straßenbenennungen dienen in erster Linie der Orientierung und im Zusammenhang mit der Hausnummerierung der Auffindbarkeit aller Liegenschaften sowie der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Darüber hinaus stellt die Benennung nach einer Person eine hohe Form der Ehrung durch die jeweilige Stadt dar. Deshalb ist es wichtig, dass für die Auswahl der Straßennamen in jedem Fall, auch bei sachlichen Benennungen, höchste und kritische Maßstäbe angelegt werden.

 

Straßenumbenennungen sind grundsätzlich möglich, wenn sich ein verändertes Geschichtsbild oder neue Erkenntnisse hinsichtlich historischer Personen, Ereignisse oder Orte ergeben haben, dies insbesondere durch die Arbeit von Expertenkommissionen oder neuer Erkenntnisse aus der Forschung, die gravierende Verstöße von Personen, Organisationen oder Einrichtungen gegen das Grundgesetz, die Menschenrechte und die Menschenwürde nachweisen. So sollte z.B. bei Mitgliedschaft und leitender Funktion in diktatorischen und kolonialistischen Strukturen, bei aktiver Verbreitung menschenfeindlichen Gedankenguts oder Teilnahme an Verbrechen gegen die Menschlichkeit bzw. Kriegsverbrechen ein Entzug der personenbezogenen Ehrung überlegt werden. Dabei gibt es keine allgemeinen Handlungsempfehlungen, sondern es gilt, vor Ort für jeden Einzelfall ein möglichst differenziertes Bild über historische Personen oder Ereignisse zu ermitteln.

 

Straßenumbenennungen gehen schwierige Abwägungsprozesse voraus. In sie fließt neben der Frage, bis zu welchen Grad eine Person, ein Ereignis oder Ort demokratischen Grundprinzipien widerspricht, insbesondere die Überlegung ein, welchen Stellenwert eine mögliche neue Namensgebung der Straße gegenüber dem "kommunikativen Alltagsgedächtnis" der Bürgerinnen und Bürger hat, da hier ein Name aus dem kollektiven Bewusstsein ausgeschieden wird.

 

Allgemein zu Straßenumbenennungen

 

Bei der Namensgebung steht der Gemeinde eine weitgehende, auf dem Selbstverwaltungsrecht beruhende Gestaltungsfreiheit zu. Straßennamen bieten eine herausragende und öffentlichkeitswirksame Gelegenheit, an verdiente Persönlichkeiten und wichtige Ereignisse der Stadtgeschichte zu erinnern und gemeindliche Traditionen zu wahren. Straßen- und Platznamen künden insofern immer auch von der Geschichte eines Ortes.

 

Vorrangig sollen historische raumbezogene Bezeichnungen, also alte Flur-, Lage oder Gewannenbezeichnungen, als Straßennamen verwendet und damit erhalten bleiben. Benennungen nach Personen soll bei Straßenbenennungen nachrangig erfolgen, wobei dann eine Benennung nach Frauen Priorität bekommen soll.

 

 

Auswirkungen einer Straßenumbenennung

 

Infolge der Umbenennung müssen alle Adressnutzer, Anwohner und ansässige Gewerbetreibende, ihre Adresse auf den neuen Straßennamen umstellen. Änderungen von Ausweisen und anderen Unterlagen werden von der jeweils ausstellenden Behörde vorgenommen. Um den Aufwand für die Betroffenen gering zu halten, kann die Verwaltung die Änderung in eigenen Registern wie dem Melderegister oder dem Gewerberegister automatisch vornehmen und andere Stellen informieren (Rettungsleitstelle sowie andere Behörden und Institutionen wie etwa die Deutsche Post, Finanzamt, Träger der Rentenversicherung, Kraftfahrt-Bundesamt, Ausländerzentralregister, Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio, Statisches Landesamt, Liegenschaftskataster, Stadtreinigung, Stadtwerke).

 

 

Ergebnis der Bürgerbeteiligung 

 

Von 19. August 2021 bis 08. Oktober konnten Bamberger Bürger:innen auf der Beteiligungsplattform der Stadt Bamberg (Bamberg gestalten! (bamberg-gestalten.de)) über eine mögliche Umbenennung des Fritz-Bayerlein-Wegs abstimmen.

 

Am 1. Oktober wurde die Beteiligung um einen analogen Vor-Ort-Termin im Fritz-Bayerlein-Weg ergänzt, zu dem alle Anwohner:innen sowie alle Eigentümer:innen persönlich eingeladen wurden. Die Debatte vor Ort wurde durchaus emotional geführt. Im Anschluss daran hatten alle anwesenden Bürger:innen die Möglichkeit sich in geheimer Wahl, auf vorbereiteten Stimmzetteln, an der digitalen Abstimmung zu beteiligen. Dies wurde technisch vor Ort realisiert. 

 

Vor Ort wurden 18 Stimmen abgegeben. Alle 18 Stimmen wurden für den Vorschlag abgegeben, den bisherigen Namen "Fritz-Bayerlein-Weg" beizubehalten.

 

Sieben Personen (Anwohner) hatten bereits im Vorfeld auf bamberg-gestalten.de abgestimmt.

Drei Personen sind keine Anwohner, sondern Eigentümer eines Grundstücks/Hauses im Fritz-Bayerlein-Weg.

Acht. Personen (Anwohner) haben erstmalig Ihre Stimme abgegeben.

 

Die Differenz zwischen Meinungsbild per Handzeichen (15 Stimmen) und Wahl (18 Stimmen) kommt folgendermaßen zustande: Zwei Mieter im Fritz-Bayerlein-Weg, die nicht direkt an der Veranstaltung teilnehmen konnten, haben im Nachgang an der Wahl teilgenommen. Eine ältere Bewohnerin konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Veranstaltung teilnehmen, wollte aber dennoch ihre Stimme bei der Wahl abgeben.

 

Insgesamt haben 94 Bürger:innen (Stand 04. Oktober 2021) ihr Votum abgegeben. Rund 50 Prozent stimmten dafür, den Namen beizubehalten, rund 20 Prozent stimmten für eine Umbennenung in „Im Reisengarten, rund 28 Prozent für eine Umbenennung in Josef-Prenner-Weg. Die tagesaktuellen Daten werden in der Sitzung nachgeliefert.

 

 

Stellungnahme der Stadtheimatpflege (Stephanie Eißing und Prof. Andreas Dornheim) zur Diskussion um den Straßennamen „Fritz-Bayerlein-Weg“, (Bamberg 3.10.2021):

 

Durch die wissenschaftliche Aufarbeitung des Nachlasses und der Archivalien zu Fritz Bayerlein durch den Historiker und Stadtheimatpfleger Prof. Dornheim sowie Stadtarchivleiter Horst Gehringer dürfte hinreichend geklärt sein, dass sich Fritz Bayerlein sehr früh mit nationalsozialistischem Gedankengut identifizierte, bereits 1931 in die NSDAP eintrat. Während des 3. Reiches erfuhr er, der sog. Münchner Schule des frühen 20. Jahrhunderts zugehörig, mit seiner Landschaft- und Historienmalerei im „post-impressionistischen“ Stil Wertschätzung und Förderung, da er mit seinen teils großformatigen, dekorativen und maltechnisch durchaus gekonnten Gemälden mit den Kunstvorstellungen des damaligen Regimes konform ging. Seine antidemokratische und antisemitische Grundhaltung hinterfragte er nur wenig und revidierte sie bis zu seinem Tod 1955 - archivalisch belegbar - nicht.

 

Diese Zusammenhänge haben zur Folge, dass man die Straßenbenennung nach ihm von 1966 (Stadtratsbeschluss) heute kritisch hinterfragt. Die Benennung einer Straße nach einer historischen Person bedeutet eine Ehrung des Namensgebers aufgrund seiner Weltanschauung, seines Tuns bzw. seiner Leistung, dabei sollte er eine Vorbildfunktion erfüllen. Diese Kriterien erscheinen im Fall von Fritz Bayerlein heute aufgrund der aktuellen Forschungslage nicht erfüllt bzw. fragwürdig.

Im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit (digital) und der Anwohner (Fr 1.10.2021, 14.oo vor Ort) wurde dieser Sachverhalt vom Leiter des Stadtarchivs Horst Gehringer, der Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar und Bürgermeister Wolfgang Metzner ausführlich dargestellt. Die Anwohner wurden über die Möglichkeiten der Umbenennung nach dem dort überlieferten Flurnamen (Im Reisengarten) oder der Beibehaltung des Straßennamens und der dann zwingend notwendigen Kommentierung durch ein Zusatzschild (mit Vortrag eines möglichen Textvorschlages) hinreichend informiert.


In der Diskussion ist klar deutlich geworden, dass die anwesenden Anwohner ausnahmslos eine Umbenennung strikt ablehnen, sich eine Kommentierung zum Namen durch ein Zusatzschild und ggf. QR-Code (Vorschlag der Anwohner) aber gut vorstellen könnten bzw. befürworten würden.

Ohne die Wortbeiträge diskutieren zu wollen, plädiert die Stadtheimatpflege die Beteiligung der Anwohner als direkt Betroffene ernst zu nehmen. Vor dem Hintergrund, dass Fritz Bayerlein kein aktiv agierender „Täter“ im NS-Regime und an menschlichem Leid nicht unmittelbar beteiligt war, schlagen wir –unsere persönliche Meinung zurückstellend - vor, dem Votum der Anwohner zu folgen und den Straßennamen beizubehalten. Allerdings muss zwingend mittels eines – durchaus üblichen – Zusatzschildes die Person Fritz Bayerlein in seinen historisch-biographischen Kontext gestellt und, wie im Folgenden vorgeschlagen, kommentiert werden, über den QR-Code müssten dann ausführlichere Informationen zur Verfügung gestellt werden.

 

 

VORSCHLAG für ein Zusatzschild zum Straßennamenschild:

 

Fritz-Bayerlein-Weg

 

Fritz Bayerlein war ein von 1872-1955 lebender, regional erfolgreicher Bamberger Landschafts- und Historienmaler der sog. Münchner Schule. Der Weg wurde 1966 nach ihm benannt. Als Namensgeber ist er jedoch umstritten, da er überzeugter Nationalsozialist, ab 1931 NSDAP-Mitglied und auch nach 1945 antidemokratischer und antijüdischer Gesinnung war.

 

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II. Beschlussvorschlag

II. Beschlussvorschlag:

 

  1. Der Sitzungsvortrag der Verwaltung hat zur Kenntnis gedient.
  2. Der Kultursenat beschließt den Fritz-Bayerlein-Weg zunächst nicht umzubenennen.
  3. Der Fritz-Bayerlein-Weg soll zu einem späteren Zeitpunkt Thema in der Straßennamenkommission im Stadtarchiv werden.
  4. Der Kultursenat stimmt dem vorgeschlagenen Text für ein anzubringendes Zusatzschild zu.
  5. Der Antrag der Stadtratsfraktion BaLi-Die PARTEI vom 16.09.2020 ist damit geschäftsordnungsgemäß behandelt.

 

 

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III. Finanzielle Auswirkungen:

 

Der unter II. empfohlene Beschlussantrag verursacht

 

x

1.

keine Kosten

 

2.

Kosten in Höhe von  für die Deckung im laufenden Haushaltsjahr bzw. im geltenden Finanzplan  gegeben ist

 

3.

Kosten in Höhe von für die keine Deckung im Haushalt gegeben ist. Im Rahmen der vom Antrag stellenden Amt/Referat zu bewirtschaftenden Mittel wird folgender Deckungsvorschlag gemacht:

 

4.

Kosten in künftigen Haushaltsjahren:  Personalkosten:  Sachkosten:

 

Falls Alternative 3. und/oder 4. vorliegt:

 

In das Finanzreferat zur Stellungnahme.

 

Stellungnahme des Finanzreferates:

 

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