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Datum: 30.11.2022

Weg von Massenunterkünften hin zu dezentralen Unterbringungen

Stellungnahme des Migrantinnen- und Migrantenbeirates der Stadt Bamberg zur Zukunft der AEO

Der Migrant*innenbeirat der Stadt Bamberg lehnt einen Fortbestand der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) auf dem ehemaligen amerikanischen Truppengelände über den bisher vereinbarten Termin im Jahr 2025 ab und fordert dezentrale Unterbringungen möglichst auch vor 2025. Zudem empfehlen wir die Entwicklung eines alternativen Gesamtkonzepts zur dezentralen Aufnahme und Unterbringung sowie Integration geflüchteter Menschen in Bamberg. Der Beirat fordert die Stadt auf, sich bei Verhandlungen von Bund und Land für eine dezentrale und menschenwürdige Unterbringung geflüchteter Menschen in ganz Bayern einzusetzen.

Bamberg ist eine Stadt mit Herz und Verantwortungsbewusstsein für geflüchtete Menschen und seit 2019 auch ein „sicherer Hafen“ mit zivilgesellschaftlicher Willkommenskultur. Damit hat Stadt Bamberg ihre Bereitschaft unterstrichen als Stadtgesellschaft offen zu sein und ihren Beitrag für eine humane Flüchtlingspolitik und Aufnahme der Menschen in Not zu leisten. Das zeigt auch das Engagement der Verwaltung und Ehrenamtlicher in den letzten Jahren und Monaten, z. B. auch bei der Aufnahme der ukrainischen Geflüchteten.

 Die Erfahrungen der letzten Jahre haben in der praktischen Umsetzung der AEO alle unsere Bedenken, die wir und weitere Engagierte bereits vor der Eröffnung der AEO hatten, bestätigt.

Massenunterkünfte bedeuten eine enorme Belastung sowohl für die Bewohner*innen, die müde von Krieg, Gewalt, Verfolgung und Flucht ankommen, als auch für die Stadt und Anwohner*innen der Einrichtungen. Die Geflüchteten sind in Massenunterbringungen auf engstem Raum ohne Privatsphäre zusammengepfercht (bis zu 24 Menschen in einer Wohnung ohne abschließbare Türen). Sie sind Retraumatisierungen ausgesetzt, oft ohne Integrationsmaßnahmen, wartend und zermürbt. Speziell Frauen, Kinder, homosexuelle und trans Geflüchtete sind teilweise auch psychischer und körperlicher Gewalt ausgesetzt. Die Anwesenheit von bis zu 2000 belasteten Menschen in einer prekären Lebenssituation ohne echte Chance zur Integration verunsichert auch die Anwohner*innen und schürt Vorurteile. Die Situation wirkt wie ein Nährboden für antidemokratische Umtriebe populistischer und rassistischer Kräfte, die versuchen Geflüchtete und Anwohner*innen gegeneinander auszuspielen und daraus politisches Kapital zu schlagen. 

Trotz großer Bemühungen der Zuständigen der Regierung Oberfranken, des Ombudsteams der Stadt Bamberg, der Beratungsstellen und des medizinischen Teams, aber auch engagierter zivilgesellschaftlicher Initiativen wie Freundstattfremd, und ihrer Angebote leiden geflüchtete Menschen unter den Bedingungen der Massenunterbringung, da diese Bemühungen, für die wir sehr dankbar sind, die strukturellen Probleme der Massenunterbringung nicht aus der Welt schaffen können.

Wir sind überzeugt, dass bei dezentraler Unterbringung eine humanere Unterbringung möglich wäre. Viele Summen wie für die Bezahlung von Securitas oder für das Bereitstellen von Mahlzeiten könnten den Menschen direkt zugutekommen. Sie können sich besser integrieren, durch persönliche Kontakte in der Nachbarschaft entstehen nicht zusätzliche gegenseitige Vorurteile. Gerade das Beispiel ukrainischer Geflüchteter zeigt, was möglich und besser ist.

Bessere Möglichkeiten zur Integration sind ein starker Vorteil von dezentralen Unterkünften, die die Menschen nicht isoliert und als anonyme Gruppe zum Objekt von Vorurteilen macht.

Zusammengefasst sind Massenunterkünfte wie AEO und Ankerzentren inhuman, kostenintensiv und Rassismus fördernd.

Rechtzeitig planen

Es muss bereits jetzt eine feste Zusage für die Vertragstreue des Bundes und des Freistaates geben, dass AEO spätestens 2025 geschlossen wird. Es ist wichtig, die damit einhergehenden Änderungen in allen Bereichen und als Gesamtkonzept Integration als Vorbereitung für die Zeit nach der Schließung der AEO bereits heute in Blick zu nehmen:  von Wohnungsbau, Kita und Schulplatzentwicklung, Entwicklung der Beratungsstellen, Kapazitäten in der Ausländerbehörde und Bereitstellung von Integrationsmaßnahmen in der städtischen Planung u.a.

Schließung der AEO bedeutet für Bamberg kein Ende eines flüchtlingspolitischen Engagements, sondern ein stärkeres Engagement für die Aufnahme und Integration von Geflüchteten, die dann nicht nur in Bamberg auf eine Zuweisung in andere Orte warten, sondern länger hier wohnen und sich ein neues Zuhause aufbauen. Es wäre nicht nur eine Stärkung der städtischen Willkommenskultur, sondern die Verwirklichung grundlegender Menschenrechte: das Gewähren von Schutz und Würde für Menschen auf der Flucht.

Der MiB bedankt sich bei der Stadt und allen Menschen, die sich haupt- und ehrenamtlich für eine humane und menschenwürdige Behandlung von Geflüchteten einsetzen und ist wie immer bereit, seine Erfahrungen und ehrenamtliches Engagement für die Integration im Sinne eines demokratischen und gleichberechtigten Miteinander einzubringen.